#11 Talking Heads: Wenn eine Mumie zu sprechen beginnt

Shownotes

Im Podcast erzählt die Schriftstellerin und Kulturvermittlerin Elisabeth R. Hager über eine literarische Intervention im musealen Raum: Sie hat ihren Lieblingsobjekten im Herzoglichen Museum Gotha eine Stimme gegeben. Dabei herausgekommen sind acht wunderbare Objekttexte und Klangkunstwerke. Sie redet darüber, warum es so schwer war, sich in letzten der Gothaer Herzöge hineinzuversetzen und warum das Gothaer Liebespaar sie zu einem Rap inspiriert hat. Wir reden über Leichen im Museum und die Frage, wann eigentlich etwas lebt. Zwischendrin nehmen wir zwei Objekte näher in den Blick: Es geht um einen mit einer ganz dunklen Geschichte und zwei, die sich - ganz im Gegensatz zu den Gepflogenheiten der damalige Zeit - nahe sein durften.

** Rubrik "Sichtbar – Unsichtbar“ ** Im Oktogon des Herzoglichen Museums stehen die Büsten der vier Herzöge des Hauses Sachsen-Coburg und Gotha: Ernst der Erste, Ernst der Zweite und Alfred auf einer kleinen goldenen Basis, Carl Eduard auf einer schwarzen. Ein Versehen? Ein Rätsel? Ein äußerst diskreter Fingerzeig?

** Rubrik "Spurensuche" ** Was für Paris die Mona Lisa und für Dresden die Sixtinische Madonna, das ist für Gotha sein Liebespaar. Das wohl berühmteste Gemälde und Herzstück der Sammlung. Doch – wenn ganze Generationen von Kunsthistoriker*innen glaubten, alles über das berühmte Liebespaar zu wissen, dann haben sie sich geirrt.

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Skript as recorded, Folge 11: Beredsamkeit der Dinge

Stand: 21.12.2023Jingle

Sprecher über Jingle:  

Hallo und herzlich willkommen beim Friedenstein-Funk, dem Podcast der Stiftung Schloss Friedenstein Gotha. Von unserem Gothaer Schlosshügel funken wir hinaus in die Welt. Ihr hört Geschichten rund um den Friedenstein, aus Gotha und der großen weiten Museumswelt. Heute sprechen wir mit der Autorin Elisabeth R. Hager über Sprechende Köpfe: „Talking Heads“. Das sind acht Objekte aus dem Herzoglichen Museum, denen sie mit ihren Klangkunstwerken Leben eingehaucht hat. Auch mit dabei:

Hallo und herzlich willkommen beim Friedenstein-Funk, dem Podcast der Stiftung Schloss Friedenstein Gotha. Von unserem Gothaer Schlosshügel funken wir hinaus in die Welt. Ihr hört Geschichten rund um den Friedenstein, aus Gotha und der großen weiten Museumswelt. Heute sprechen wir mit der Autorin Elisabeth R. Hager über Sprechende Köpfe: SFX ?

Hallo und herzlich willkommen beim Friedenstein-Funk, dem Podcast der Stiftung Schloss Friedenstein Gotha. Von unserem Gothaer Schlosshügel funken wir hinaus in die Welt. Ihr hört Geschichten rund um den Friedenstein, aus Gotha und der großen weiten Museumswelt. Heute sprechen wir mit der Autorin Elisabeth R. Hager über Sprechende Köpfe: … ein „Friedenslügner“ und „guter Deutscher“

Hallo und herzlich willkommen beim Friedenstein-Funk, dem Podcast der Stiftung Schloss Friedenstein Gotha. Von unserem Gothaer Schlosshügel funken wir hinaus in die Welt. Ihr hört Geschichten rund um den Friedenstein, aus Gotha und der großen weiten Museumswelt. Heute sprechen wir mit der Autorin Elisabeth R. Hager über Sprechende Köpfe: SFX ?

Hallo und herzlich willkommen beim Friedenstein-Funk, dem Podcast der Stiftung Schloss Friedenstein Gotha. Von unserem Gothaer Schlosshügel funken wir hinaus in die Welt. Ihr hört Geschichten rund um den Friedenstein, aus Gotha und der großen weiten Museumswelt. Heute sprechen wir mit der Autorin Elisabeth R. Hager über Sprechende Köpfe: … ein rätselhaftes Liebespaar

Hallo und herzlich willkommen beim Friedenstein-Funk, dem Podcast der Stiftung Schloss Friedenstein Gotha. Von unserem Gothaer Schlosshügel funken wir hinaus in die Welt. Ihr hört Geschichten rund um den Friedenstein, aus Gotha und der großen weiten Museumswelt. Heute sprechen wir mit der Autorin Elisabeth R. Hager über Sprechende Köpfe: Speaker 1 Das war Tjen Tjen, die wir da gerade gehört haben. Eine Mumie aus der 21. / 22. Dynastie. Aus Theben stammt sie. Sie ist übrigens an einer vereiterten Zahnhöhle gestorben. Das hat man im Computertomographen festgestellt.

Hallo und herzlich willkommen beim Friedenstein-Funk, dem Podcast der Stiftung Schloss Friedenstein Gotha. Von unserem Gothaer Schlosshügel funken wir hinaus in die Welt. Ihr hört Geschichten rund um den Friedenstein, aus Gotha und der großen weiten Museumswelt. Heute sprechen wir mit der Autorin Elisabeth R. Hager über Sprechende Köpfe: Aber natürlich war das nicht Tjen Tjen, sondern Elisabeth R. Hager, die ihr ihre Stimme geliehen hat. Hallo, Elisabeth.

Speaker 2: Hallo.

Speaker 2: Speaker 1 Du bist Autorin, Schriftstellerin, Kulturvermittlerin, Klangkünstlerin. Und du bist auch in diesem Jahr die Autorin hinter der “Beredsamkeit der Dinge”. Das ist eine literarische Intervention im musealen Raum. Da hängen auch acht Sessel, die gemütlich sind und überall im Herzoglichen Museum rumstehen, mit zusammen. Vielleicht kannst du uns mal erklären, was das ist, was du da gemacht hast.

Speaker 2 Ja, ich habe mich sehr über die Einladung gefreut und die sehr gerne angenommen. Auch die Herausforderung, das ganze Projekt beschäftigt sich damit, dass die Objekte im Museum ja eigentlich visuelle Reize sind. Und natürlich die Ausstellung auch ohne jede zusätzliche. Kunst, die darum gestrickt ist, sehr sehenswert ist. Aber “Beredsamkeit der Dinge” ist das. Der Gedanke, dass manche der Objekte zu sprechen beginnen. Bzw. Die Frage steht im Vordergrund Was würde eigentlich passieren? Was würden die sagen, die einzelnen Objekte, wenn die sprechen könnten? Und das fand ich sehr, sehr spannend, zumal ich mir solche Fragen sehr oft stelle. Das ist eigentlich auch so eine Hauptfrage meiner Arbeit: Wie, wann lebt etwas und was? Was sind eigentlich die Bedingungen für Leben bzw. wann was, Etwas zur Sprache bringen, über keine eigene Sprache verfügt?

Speaker 2 Ja, ich habe mich sehr über die Einladung gefreut und die sehr gerne angenommen. Auch die Herausforderung, das ganze Projekt beschäftigt sich damit, dass die Objekte im Museum ja eigentlich visuelle Reize sind. Und natürlich die Ausstellung auch ohne jede zusätzliche. Kunst, die darum gestrickt ist, sehr sehenswert ist. Aber “Beredsamkeit der Dinge” ist das. Der Gedanke, dass manche der Objekte zu sprechen beginnen. Bzw. Die Frage steht im Vordergrund Was würde eigentlich passieren? Was würden die sagen, die einzelnen Objekte, wenn die sprechen könnten? Und das fand ich sehr, sehr spannend, zumal ich mir solche Fragen sehr oft stelle. Das ist eigentlich auch so eine Hauptfrage meiner Arbeit: Speaker 1 Und wann lebt etwas?

Speaker 2 Ja. Das ist eben die Frage. Wann beginnen die Dinge zu leben? Leben sie vielleicht schon ohne, obwohl sie noch ihren Objektcharakter haben? Oder ist es genug, über sie zu sprechen? Es gab in der deutschen Aufklärung oder deutschen Rationalismus einen Philosophen, Christian Wolff – mit Doppel F. – , der hat behauptet, dass alles existiert, was man denken kann und das dann alles auch lebt, was man denken kann. Und das ist zum Beispiel ein Gedanke, den ich damals, als ich den gehört hab, vor vielen Jahren, wahnsinnig spannend fand. Und ich dachte so: Wow! Die Frage, ob es Geister gibt, stellt sich dann ja nicht mehr. Oder die ganzen Dinge, die eben körperlos sind.

Speaker 2 Ja. Das ist eben die Frage. Wann beginnen die Dinge zu leben? Leben sie vielleicht schon ohne, obwohl sie noch ihren Objektcharakter haben? Oder ist es genug, über sie zu sprechen? Es gab in der deutschen Aufklärung oder deutschen Rationalismus einen Philosophen, Christian Wolff – mit Doppel F. – , der hat behauptet, dass alles existiert, was man denken kann und das dann alles auch lebt, was man denken kann. Und das ist zum Beispiel ein Gedanke, den ich damals, als ich den gehört hab, vor vielen Jahren, wahnsinnig spannend fand. Und ich dachte so: Aber zurück jetzt zum Museum. Ich würde es nicht in der ersten Minute gleich völlig umgleisen sein. Aber genau. Ich wurde gefragt, mir Objekte auszusuchen im Herzoglichen Museum und die zum Sprechen zu bringen. Und diese Art der Einfühlung finde ich einfach ganz grandios und macht mir irrsinnig Spaß. Und soll ich auch was zu Tjen Tjen sagen? Oder fragst du mich gleich was anderes?

Speaker 2 Ja. Das ist eben die Frage. Wann beginnen die Dinge zu leben? Leben sie vielleicht schon ohne, obwohl sie noch ihren Objektcharakter haben? Oder ist es genug, über sie zu sprechen? Es gab in der deutschen Aufklärung oder deutschen Rationalismus einen Philosophen, Christian Wolff – mit Doppel F. – , der hat behauptet, dass alles existiert, was man denken kann und das dann alles auch lebt, was man denken kann. Und das ist zum Beispiel ein Gedanke, den ich damals, als ich den gehört hab, vor vielen Jahren, wahnsinnig spannend fand. Und ich dachte so: Speaker 1 Also ich hätt jetzt was zu der “Beredsamkeit der Dinge” gesagt, aber sage gerne vorher was zu Tjen-Tjen.

Speaker 2 Ja. Das ist eben die Frage. Wann beginnen die Dinge zu leben? Leben sie vielleicht schon ohne, obwohl sie noch ihren Objektcharakter haben? Oder ist es genug, über sie zu sprechen? Es gab in der deutschen Aufklärung oder deutschen Rationalismus einen Philosophen, Christian Wolff – mit Doppel F. – , der hat behauptet, dass alles existiert, was man denken kann und das dann alles auch lebt, was man denken kann. Und das ist zum Beispiel ein Gedanke, den ich damals, als ich den gehört hab, vor vielen Jahren, wahnsinnig spannend fand. Und ich dachte so: Speaker 2 Nee, weil wir haben ja gerade dieses Stück gehört über Tjen-Tjen und da war ich richtiggehend, na ja, wie soll ich das sagen in so einer. Also es war wie so ein wie so ein kleiner Schock für mich, dass in so einem Kunstmuseum eine Leiche liegt, sozusagen. Weil das Spannende am Herzoglichen Museum ist, dass es eben nicht wie wie andere Museen aufgebaut ist. Dass man eben so Sparten-Häuser hat. Die einen machen Naturkunde, die anderen machen das, sondern dass es halt eine Wunderkammer ist, nur eine derartig aufgeblähte Wunderkammer, dass es halt ein ganzes Museum füllt. Irgendwie hat mich das sehr fasziniert, weil eben dieses kuratorische Auge, das man sonst so hat, einfach die Liebhaberei von Privatpersonen, also auch Adeligen natürlich, aber Leute, die gar keine ausgewiesenen Kunsthistoriker oder so oder Kunsthistorikerinnen sind, sondern Leute, die einfach Sachen cool finden. Und dann hat es mich halt total gerissen, als ich gesehen hab, da liegt jetzt eigentlich eine Leiche und die würde man jetzt klar im British Museum liegen auch Leute, oder im Vatikanischen Museum gibt es auch eine Mumie, habe ich neulich gesehen. Aber genau das hat mich einfach fasziniert. Und ich habe mir die Frage gestellt, ob den Leuten überhaupt klar ist, was sie sich da anschauen, ob sie jetzt ein Kunstwerk betrachten oder ob sie mit dem Gedanken jemand. Also da stellt sich dann die Frage des Lebens noch mal ganz anders. Ja, weil jemand wirklich gelebt hat und man stellt halt quasi die Hülle aus in einem schönen Sarg. Aber trotzdem ist es eigentlich ja ein Mensch gewesen.

Speaker 1 Ja, ist eine sehr aktuelle Debatte, auch ein Bezug vielleicht auch auf Kolonialismus, wie man die Objekte hergebracht hat, wie sie vielleicht im damaligen Kontext gesehen wurden, wie wir das heute auch vielleicht umdeuten. Aber genau. Ja, und unser Museum, das stimmt, das ist toll. Wir haben eine Universalsammlung. Die Herzöge haben über die Jahrhunderte hinweg ganz viele Dinge gesammelt, ganz unterschiedliche, die unseren Kunsthistorikern, Historikern, Naturwissenschaftlern heute schön viel Arbeit bescheren. Genau. Nee, Aber noch mal jetzt zur “Beredsamkeit der Dinge”. Also, du hast die “Talking Heads” geschaffen. Das sind praktisch kleine Objekttexte. Also Aufgabe war 600 Zeichen, aber eben nicht das typische, Jahr, Entstehungsort, was man sonst so auf den kleinen unleserlich meist Zettelchen neben den Objekten findet, sondern das Ganze eben aus literarischer Sicht zu machen. Und diejenige, die das vor dir gemacht hat, die hat ihr Projekt “’Sprechende Objekte” genannt. Das ist: Miku Sophie Kühmel, die hat praktisch den Staffelstab an dich weitergegeben. Wie ist sie auf dich gekommen? Kennt ihr euch?

Speaker 2 Ja, wir kennen uns schon relativ lange und wir sind auch große Fans der jeweiligen Arbeit. Und ja, Miku, sie hat mir auch von dem Projekt erzählt, als sie es gemacht hat und das fand ich wahnsinnig spannend. Und ungefähr zeitgleich habe ich in Österreich ein das heißt “Archiv seltener Arten” ein eine Klangsammlung oder ein Stück Sammlung von vom Aussterben bedrohten Pflanzenarten gemacht – mit so kleinen Klangkunststücken. Und da waren wir also an ganz ähnlichen Dingen dran. Und sie war so: Ach, Du machst auch so was. Und ich: Ja, du auch? Also es war das war irgendwie eine sehr schöne Erfahrung, und ich hab mich auch sehr geborgen gefühlt, gefühlt, mit ihr zusammen über diese Themen zu sprechen. Und als sie dann meinte, sie muss den Staffelstab weitergeben, habe ich, war ich ganz still, weil ich mir dachte: “Oh, das wäre so schön, wenn ich das machen könnte”. Aber ich wollte das natürlich nicht sagen. Und dann habe ich es mich immens gefreut, dass sie mich gefragt hat.

Speaker 2 Ja, wir kennen uns schon relativ lange und wir sind auch große Fans der jeweiligen Arbeit. Und ja, Miku, sie hat mir auch von dem Projekt erzählt, als sie es gemacht hat und das fand ich wahnsinnig spannend. Und ungefähr zeitgleich habe ich in Österreich ein das heißt “Archiv seltener Arten” ein eine Klangsammlung oder ein Stück Sammlung von vom Aussterben bedrohten Pflanzenarten gemacht – mit so kleinen Klangkunststücken. Und da waren wir also an ganz ähnlichen Dingen dran. Und sie war so: Speaker 1 Ja, cool. Und ihr habt euch auch ganz unterschiedliche Objekte ausgesucht. Wir hören jetzt einen Beitrag über einen, der eher eine dunklere Geschichte hat, den Herzog Carl Eduard von Sachsen, Coburg und Gotha. Gemacht hat’s Claudia Klein Und ja, hören wir mal rein.

Speaker 2 Ja, wir kennen uns schon relativ lange und wir sind auch große Fans der jeweiligen Arbeit. Und ja, Miku, sie hat mir auch von dem Projekt erzählt, als sie es gemacht hat und das fand ich wahnsinnig spannend. Und ungefähr zeitgleich habe ich in Österreich ein das heißt “Archiv seltener Arten” ein eine Klangsammlung oder ein Stück Sammlung von vom Aussterben bedrohten Pflanzenarten gemacht – mit so kleinen Klangkunststücken. Und da waren wir also an ganz ähnlichen Dingen dran. Und sie war so: Jingle „sichtbar – unsichtbar“

M:

Im Oktogon des Herzoglichen Museums stehen die Büsten der vier Herzöge des Hauses Sachsen-Coburg und Gotha: Ernst der Erste, Ernst der Zweite und Alfred auf einer kleinen goldenen Basis, Carl Eduard auf einer schwarzen. Ein Versehen? Ein Rätsel? Ein äußerst diskreter Fingerzeig?

F:

F: Carl Eduard von Sachsen-Coburg und Gotha, 1884 in Großbritannien geboren, hatte seit 1905 das ernestinische Herzogtum regiert. Am Ende des Ersten Weltkriegs wurde er entmachtet und enteignet. Carl Eduard war nicht nur der letzte amtierende Herzog; er war auch Enkel der englischen Queen Victoria und – ein überzeugter Nationalsozialist…

M:

… oder ein „Friedenslügner“, wie Professor Hubertus Büschel von der Universität Kassel formuliert. Denn Carl Eduard trat bereitwillig und geradezu begeistert in die Dienste der Nazis. Er reiste durch die Welt und beteuerte Hitlers Friedenswillen. Dem recht ungeschliffenen SS-Mann Joachim von Ribbentrop beispielsweise ebnete er den Weg in die höchsten Kreise der englischen Gesellschaft. Hubertus Büschel:

… oder ein „Friedenslügner“, wie Professor Hubertus Büschel von der Universität Kassel formuliert. Denn Carl Eduard trat bereitwillig und geradezu begeistert in die Dienste der Nazis. Er reiste durch die Welt und beteuerte Hitlers Friedenswillen. Dem recht ungeschliffenen SS-Mann Joachim von Ribbentrop beispielsweise ebnete er den Weg in die höchsten Kreise der englischen Gesellschaft. Hubertus Büschel: O-Ton Büschel 215832

Carl Eduard war eine Art von Diplomat, ohne selbst ein Diplomat zu sein, und konnte seine Hintergründe, seine Herkunft als Enkel der Queen Victoria nutzen: einmal für Zugänge zur königlichen Familie und auf der anderen Seite auch über seine Schwester Alice Athlone und entsprechende Pferderennen, Partys und Empfänge, bei denen es darum ging, die Aristokratie vor allem und die britische Elite zu überzeugen, dass Hitler angeblich den Frieden in Europa herstellen würde; um in dieser frühen Zeit Verbindungen mit Großbritannien zu knüpfen.

F:

F: Hubertus Büschel ist Historiker und hat eine sorgfältig recherchierte Biografie über den gut vernetzten Herzog geschrieben. Denn Carl Eduard war nicht nur in pseudo-diplomatischer Mission unterwegs. Er nutzte seine dynastischen Verbindungen auch in seinen zahlreichen Ehrenämtern und als Präsident des Deutschen Roten Kreuzes, zu dem er sich kaum ein Jahr nach der Machtergreifung ernennen ließ. Aber – das Deutsche Rote Kreuz, eine humanitäre Hilfsorganisation! Daran kann doch nichts falsch sein! Oder?

F: O-Ton Büschel, 220210

F: Unter Carl Eduards Präsidentschaft war seit 1933 aus dem Deutschen Roten Kreuz ein von der SS infiltriertes Sanitätscorps geworden, das bereits in den 1940er Jahren im Verdacht stand – einem Verdacht, der sich später auch bewahrheitete – an den Verbrechen des Regimes, an den Konzentrationslagern, am Krankenmord und am Massenmord an den Juden beteiligt zu sein.

F:

F: Kritische Nachfragen blockte Carl Eduard ab. Skeptische Amtskollegen – beispielsweise aus Schweden oder Großbritannien – hielt er hin. Als ausländische Rotkreuzverbände und das Internationale Komitee des Roten Kreuzes in Genf die KZs besichtigen wollten, wurden ihre Gesuche verschleppt oder gar verhindert. Alles gehe mit rechten Dingen zu, versicherte der freundliche Herzog mit den guten Manieren. Und bereitwillig schenkten ihm viele seiner Gesprächspartner Glauben.

Noch 1940 beteuerte Carl Eduard im Weißen Haus und auf gesellschaftlichen Empfängen, die jüdische Bevölkerung im besetzten Polen werde gut behandelt und versorgt: „Selbstverständlich kümmere sich das DRK genauso um die Polen und sogar um die Juden wie um die eigenen Leute – wenn nicht gar mehr.“

M:

M: SA-Obergruppenführer Carl Eduard von Sachsen-Coburg und Gotha stand bis April 1945 auf der Gehaltsliste der Reichskanzlei. Er überlebte das Dritte Reich, wurde kurzzeitig interniert, aber schließlich als Mitläufer und Minderbelasteter eingestuft.

F:

Einsicht? Reue? Fehlanzeige! Bis unmittelbar vor seinem Tod soll er beteuert haben, er habe nur getan, was seine Großmutter Queen Victoria ihm eingeschärft hatte: ein guter Deutscher zu werden.

O-Ton Büschel, 220327, 00: 38

O-Ton Büschel, 220327, 00: Man muss bei dieser Formulierung achtgeben. Er benutzt sie später in seinem Leben und vor allem nach 45 auch als Rechtfertigungsstrategie, er hätte ja nur seinem inneren Gewissen, Deutschland zu schützen und Deutschland zu helfen versucht, dieses zu erfüllen und diesem Gewissen zu folgen. Ich glaube hingegen, dass Carl Eduard sehr wohl wusste, was er tat, und zwar auch aus nationalsozialistischer Überzeugung, aus Profitgier und aus dem Streben nach Einfluss. Er wurde für seine Dienste im Nationalsozialismus privilegiert, er wurde reich entlohnt und er hat auch international sehr viel Verbindungen knüpfen können, so dass er auch machtvoll agieren konnte.

F:

Carl Eduard war also alles andere als ein naiver Mitläufer. Davon ist Hubertus Büschel überzeugt:

Carl Eduard war also alles andere als ein naiver Mitläufer. Davon ist Hubertus Büschel überzeugt: O-Ton Büschel, 221438

Carl Eduard war also alles andere als ein naiver Mitläufer. Davon ist Hubertus Büschel überzeugt: Es ist zweifellos, dass Carl Eduard von Sachsen-Coburg und Gotha ein Kriegsverbrecher war, auch wenn er niemals in Nürnberg vor Gericht stand. Davon sprechen eindeutig alle Akten, davon spricht seine Tätigkeit im Deutschen Roten Kreuz und davon spricht vor allem sein Handeln im Bezug der Shoa, wenn zahlreiche Personen versucht haben, über ihn Bekannte, Verwandte und Freunde aus dem nationalsozialistischen Deutschland zu retten, und er alle diese Interventionen an die SS weitergegeben hat, so dass diese Menschen schließlich in die Vernichtungslager transportiert wurden.

Carl Eduard war also alles andere als ein naiver Mitläufer. Davon ist Hubertus Büschel überzeugt: Jingle moll

Carl Eduard war also alles andere als ein naiver Mitläufer. Davon ist Hubertus Büschel überzeugt: Speaker 1 Warum er? Warum? Carl Eduard.

Carl Eduard war also alles andere als ein naiver Mitläufer. Davon ist Hubertus Büschel überzeugt: Speaker 2 Ja, das war ganz spannend. Weil diese Büste von dem. Karl Eduard befindet sich gleich am Eingang im Eingangsbereich in so einem Oktogon, wie er gerade im Beitrag schon gesagt wurde, glaube ich. Und ja, das war eigentlich das erste, was ich gesehen habe. Und ich habe mich mit dem Christoph Mauny auf dem Weg dahin schon so unterhalten über die. Ja, ich weiß gar nicht, wie wir darauf kamen, aber ich habe so gesagt, das ist so das Böse in den Menschen und dass wir eigentlich so eine wahnsinnige Kraft in das Verdrängen des Bösen in uns legen und das eigentlich nur das noch Bösere herauskommt, sozusagen durch diese Verdrängungsleistung. Und dann meinte so Ja, schau mal, hier haben wir auch einen ganzen Bösewicht. Und dann hat er mir eben diesen Karl Eduard gezeigt und mir auch ein bisschen von der Geschichte erzählt, also von seiner Lebensgeschichte und seiner Verquickung mit dem NS. Und dann war ich so Naja, und wo habt ihr da die Tafel? Und er meinte so Nee, da gibt es keine Tafel, Schau mal, das wurde ganz elegant und auch ein bisschen beschämt gelöst, in dem man nur so einen schwarzen Sockel gemacht hat. Und dann dachte ich so krass. Das wurde. Also das wäre quasi wirklich was, was eine Tafel bedürfte. Und dann dachte ich na ja, gut, jetzt ist es, ich bin jetzt da und dann mache ich eben diese Tafel.

Carl Eduard war also alles andere als ein naiver Mitläufer. Davon ist Hubertus Büschel überzeugt: Und dann habe ich verschiedene Versionen geschrieben und gemerkt, dass trotz aller Niederträchtigkeit und Bösartigkeit ich trotzdem aus der Sicht dieser Figur erzähle. Und aus dieser Sicht, also wenn ich aus einer Figur heraus spreche, die ist ja nicht im Vernichtungswillen ihrer selbst unterwegs, sondern die ließ sich ja quasi erklären. Und deshalb habe ich so eine schwierige Position gehabt, weil ich einerseits Kritik üben wollte, andererseits aus der Figur heraus, die Angst hatte, Sachen zu reproduzieren. Also in quasi Ich wollte nicht so verteidigen lassen und dann und andererseits wollte ich auch erzählen, was er gemacht hat. Deshalb habe ich diese ganze Aufzählung, dass er quasi sagt, was die anderen über ihn sagen. Und so habe ich das gelöst und es war mir einfach wichtig, dieses schreckliche, dunkle Geschichte des Hauses auch mit zu erzählen. Aber nicht auf eine Art, dass alle dann sagen okay, da gehen wir jetzt raus oder wir canceln das jetzt weg oder so, sondern dass man sagt nein, wir müssen uns damit beschäftigen, weil die Sachen gehen ja weiter. Ja, die Sachen sind ja nicht vorbei, Wir sind ja, wir haben, wir tragen Keime davon in uns. Das sind ja. Und ich will einfach nicht, dass sich die Geschichte wiederholt.

Carl Eduard war also alles andere als ein naiver Mitläufer. Davon ist Hubertus Büschel überzeugt: Jingle

Carl Eduard war also alles andere als ein naiver Mitläufer. Davon ist Hubertus Büschel überzeugt: Klangkunstwerk Elisabeth Carl Eduard

Carl Eduard war also alles andere als ein naiver Mitläufer. Davon ist Hubertus Büschel überzeugt: Speaker 1 Eine sehr schöne Tafel, die du da geschaffen hast. Vielleicht noch. Klammer auf. Du hast von Christoph Mauny gesprochen. Das ist ein ehemaliger, ganz wunderbarer Kollege von mir. Der hat das Format ursprünglich ins Leben gerufen. Weil du. Ja, genau. Weil man sonst vielleicht nicht versteht, wer das ist. Vielleicht kannst du mal erzählen, wie. Wie lässt du dich allgemein inspirieren? Du hast ja gerade auch schon gesagt, wie du dann in die Figuren schlüpfst. Aber wie kommen die Themen zu dir?

Speaker 2 Gewisse Sachen, interessieren mich halt zum Beispiel. Zum Beispiel in diesem alten Vogelsaal gibt es die Büste, von dem Christoph Willibald Gluck Büste. Und die fand ich wahnsinnig toll, weil das war ja ein ein Opernkomponist und ein Neuerer der Oper. Und das weiß ich aber nur so vom von der Uni und so vom, irgendwie, so im Ganz, ganz weit in meinem Gedächtnis war das Vergraben. Aber die Büste an sich war schon sehr spannend, weil die die Figur hat, Pockennarben und man sieht halt, und das ist auch so ein Shift in der Kunstgeschichte, dass plötzlich nicht mehr so eine idealisierte Darstellung vorherrscht in den Figuren, in den Büsten, sondern die realistische. Und ich glaube, das ist genau an dieser Kippe dieser Figur entstanden ist von Houdon, dem Skulpteur. Und das hat mich wahnsinnig fasziniert. Vor allem, weil ich dachte: Spannend, Hier wird quasi das, was dieser Mensch gemacht hat, in der Form der Büste schon auf eine Art präsentiert. Und so was finde ich. Ich liebe das in Form und Inhalt. Ineinander fallen tun sie eigentlich immer, aber meistens unbewusst und dann ist es nicht so gut. Ja, also bei Kunstwerken. Aber wenn sie es bewusst machen, dann bin ich einfach begeistert und das ist ganz schlecht gemacht. Aber in dem Fall ist es ganz hervorragend gemacht. Und da kam halt dieses Interesse an dieser Figur des Gluck mit dem Interesse an dieser Formalia. Und dann habe ich ihm halt ganz lange in die Augen geschaut der Figur. Ich habe viele Fotos gemacht, ich bin drumherum gegangen. Ich habe mir ein paar Sachen angehört, der komponiert hat, also ich gehe da ganz breit ran. Also wenn mich irgendwas interessiert, ein bisschen wie die Perle, die aus einem Dreck an der Muschel entsteht, wo das Dreck hin ist. Einfach etwas, das meine Aufmerksamkeit fängt und dann bilde ich das herum und manchmal verwerfe ich auch wieder. Es ist jetzt nicht so, dass aus jedem kleinen Staubkörnchen eine Perle wird. Ja, aber aus mancher schon.

Speaker 2 Gewisse Sachen, interessieren mich halt zum Beispiel. Zum Beispiel in diesem alten Vogelsaal gibt es die Büste, von dem Christoph Willibald Gluck Büste. Und die fand ich wahnsinnig toll, weil das war ja ein ein Opernkomponist und ein Neuerer der Oper. Und das weiß ich aber nur so vom von der Uni und so vom, irgendwie, so im Ganz, ganz weit in meinem Gedächtnis war das Vergraben. Aber die Büste an sich war schon sehr spannend, weil die die Figur hat, Pockennarben und man sieht halt, und das ist auch so ein Shift in der Kunstgeschichte, dass plötzlich nicht mehr so eine idealisierte Darstellung vorherrscht in den Figuren, in den Büsten, sondern die realistische. Und ich glaube, das ist genau an dieser Kippe dieser Figur entstanden ist von Houdon, dem Skulpteur. Und das hat mich wahnsinnig fasziniert. Vor allem, weil ich dachte: Speaker 1 Du hast ja jetzt also ich, ich würde gern auch mal, weil du ja wirklich sehr spannend bist und die Beredsamkeit der Dinge ja eigentlich nur ein kleines Körnchen, eine kleine Perle in deinem Schaffen ist, noch mal auf dein Werk sozusagen zu sprechen kommen. Dein aktueller Roman ist ja der tanzende Werk. Also ein ganz wunderbares Buch, wo es einmal sehr realistische Schilderungen gibt, dann aber auch fast fantastische. Darüber wollte ich jetzt gar nicht reden darüber, sondern über das, was jetzt kommt. Da hast du ja mit vielen anderen zusammen verschiedene Körnchen geholt. Es geht, es heißt wir kommen.

Speaker 2 Gewisse Sachen, interessieren mich halt zum Beispiel. Zum Beispiel in diesem alten Vogelsaal gibt es die Büste, von dem Christoph Willibald Gluck Büste. Und die fand ich wahnsinnig toll, weil das war ja ein ein Opernkomponist und ein Neuerer der Oper. Und das weiß ich aber nur so vom von der Uni und so vom, irgendwie, so im Ganz, ganz weit in meinem Gedächtnis war das Vergraben. Aber die Büste an sich war schon sehr spannend, weil die die Figur hat, Pockennarben und man sieht halt, und das ist auch so ein Shift in der Kunstgeschichte, dass plötzlich nicht mehr so eine idealisierte Darstellung vorherrscht in den Figuren, in den Büsten, sondern die realistische. Und ich glaube, das ist genau an dieser Kippe dieser Figur entstanden ist von Houdon, dem Skulpteur. Und das hat mich wahnsinnig fasziniert. Vor allem, weil ich dachte: Speaker 2 Ja, vielen Dank, dass du das ansprichst. Das freut mich sehr, weil ich bin einerseits sehr stolz und andererseits ein wenig überarbeitet, weil wir mittendrin noch sind in dem Endlektorat. Aber genau. Soll ich kurz das Projekt?

Speaker 2 Gewisse Sachen, interessieren mich halt zum Beispiel. Zum Beispiel in diesem alten Vogelsaal gibt es die Büste, von dem Christoph Willibald Gluck Büste. Und die fand ich wahnsinnig toll, weil das war ja ein ein Opernkomponist und ein Neuerer der Oper. Und das weiß ich aber nur so vom von der Uni und so vom, irgendwie, so im Ganz, ganz weit in meinem Gedächtnis war das Vergraben. Aber die Büste an sich war schon sehr spannend, weil die die Figur hat, Pockennarben und man sieht halt, und das ist auch so ein Shift in der Kunstgeschichte, dass plötzlich nicht mehr so eine idealisierte Darstellung vorherrscht in den Figuren, in den Büsten, sondern die realistische. Und ich glaube, das ist genau an dieser Kippe dieser Figur entstanden ist von Houdon, dem Skulpteur. Und das hat mich wahnsinnig fasziniert. Vor allem, weil ich dachte: Speaker 1 Ja, gerne.

Speaker 2 Gewisse Sachen, interessieren mich halt zum Beispiel. Zum Beispiel in diesem alten Vogelsaal gibt es die Büste, von dem Christoph Willibald Gluck Büste. Und die fand ich wahnsinnig toll, weil das war ja ein ein Opernkomponist und ein Neuerer der Oper. Und das weiß ich aber nur so vom von der Uni und so vom, irgendwie, so im Ganz, ganz weit in meinem Gedächtnis war das Vergraben. Aber die Büste an sich war schon sehr spannend, weil die die Figur hat, Pockennarben und man sieht halt, und das ist auch so ein Shift in der Kunstgeschichte, dass plötzlich nicht mehr so eine idealisierte Darstellung vorherrscht in den Figuren, in den Büsten, sondern die realistische. Und ich glaube, das ist genau an dieser Kippe dieser Figur entstanden ist von Houdon, dem Skulpteur. Und das hat mich wahnsinnig fasziniert. Vor allem, weil ich dachte: Speaker 2 Genau. Also mit Verena Güntner und Julia Wolf zusammen habe ich das Kollektiv LiquidCenter gegründet, in dem wir feministische Fragestellungen auf unsere Fahnen geschrieben haben und die Sichtbarkeit im Literaturbetrieb einfach erhöhen wollen für diese Themen und zugleich das kollektive Arbeiten auch ins Zentrum rücken. Weil mich stört schon, seit ich anfange, Kunst zu machen, dass es gewisse Kunstformen gibt, wo das normal ist, zum Beispiel im Hörspiel oder im Podcast, wo wir hier nicht alleine. Also wir könnten jetzt nicht ohne die Arbeit der Toningenieur.

Speaker 2 Gewisse Sachen, interessieren mich halt zum Beispiel. Zum Beispiel in diesem alten Vogelsaal gibt es die Büste, von dem Christoph Willibald Gluck Büste. Und die fand ich wahnsinnig toll, weil das war ja ein ein Opernkomponist und ein Neuerer der Oper. Und das weiß ich aber nur so vom von der Uni und so vom, irgendwie, so im Ganz, ganz weit in meinem Gedächtnis war das Vergraben. Aber die Büste an sich war schon sehr spannend, weil die die Figur hat, Pockennarben und man sieht halt, und das ist auch so ein Shift in der Kunstgeschichte, dass plötzlich nicht mehr so eine idealisierte Darstellung vorherrscht in den Figuren, in den Büsten, sondern die realistische. Und ich glaube, das ist genau an dieser Kippe dieser Figur entstanden ist von Houdon, dem Skulpteur. Und das hat mich wahnsinnig fasziniert. Vor allem, weil ich dachte: Speaker 1 Vor der Tür, hinter der Scheibe sitzt. Genau. Oliver.

Speaker 2 Gewisse Sachen, interessieren mich halt zum Beispiel. Zum Beispiel in diesem alten Vogelsaal gibt es die Büste, von dem Christoph Willibald Gluck Büste. Und die fand ich wahnsinnig toll, weil das war ja ein ein Opernkomponist und ein Neuerer der Oper. Und das weiß ich aber nur so vom von der Uni und so vom, irgendwie, so im Ganz, ganz weit in meinem Gedächtnis war das Vergraben. Aber die Büste an sich war schon sehr spannend, weil die die Figur hat, Pockennarben und man sieht halt, und das ist auch so ein Shift in der Kunstgeschichte, dass plötzlich nicht mehr so eine idealisierte Darstellung vorherrscht in den Figuren, in den Büsten, sondern die realistische. Und ich glaube, das ist genau an dieser Kippe dieser Figur entstanden ist von Houdon, dem Skulpteur. Und das hat mich wahnsinnig fasziniert. Vor allem, weil ich dachte: Speaker 2 Hallo Oliver, danke schön. Oder? Oder Bands haben auch mehrere Mitglieder und in der Literatur ist es sofort das Individuum. Das Genie. Und das hat mich immer total genervt, weil ich will Kunst machen und die Literatur. Die Wörter sind halt meine Materie. Aber eigentlich mache ich. Ich fühle mich nicht so wohl in diesem, in diesem seltsamen Elfenbeinturmgerede. Und das hat eigentlich im letzten Jahrhundert ja auch schon so viele Ausbruchversuche gegeben. Und genau, wir wollten einfach kollektives Arbeiten in die Literatur einführen, auch in Also das ist ja eher subkulturell schon ganz lange Leute schreiben Manifeste ja auch nicht allein, aber in der hohen Literatur, sozusagen unter Anführungszeichen, ist das überhaupt noch gar nicht vertreten. Und deshalb haben wir die das Genre des Kollektivromans gegründet und haben ja ein gutes Dutzend, also mehr 15 andere Autorinnen angefragt, mit uns zusammen, ähm, ja, über Sexualität und Alter zu schreiben, also auch das, also weiblich weibliches Begehren und all das auch. Wir drei, also Julia, Verena und ich sind jetzt auch über 40 und das ist auch so ein interessantes Thema, wenn man so merkt, ja, diesem der misogyne Literaturbetrieb, der eigentlich schon sehr auf die Optik von Autorinnen abgeht. Oder ist mir immer aufgefallen, dass die erst mal zehn Fotos machen, bevor sie fragen, was ich schreibe, so dass das da, dass man da quasi an Wert verliert, weil man eben eine andere Altersstufe geht. Und das fand ich super spannend. Und aber auch das Begehren an sich ist so tabuisiert und wir haben eben die Leute eingeladen unter dem Schutz der Anonymität. Also es wird am auf dem Buch dann nur der Name stehen, also unsere aller Namen eigentlich auf dem Hintern vorne steht gar nichts von uns, nur dass es eben ein.

Speaker 2 Gewisse Sachen, interessieren mich halt zum Beispiel. Zum Beispiel in diesem alten Vogelsaal gibt es die Büste, von dem Christoph Willibald Gluck Büste. Und die fand ich wahnsinnig toll, weil das war ja ein ein Opernkomponist und ein Neuerer der Oper. Und das weiß ich aber nur so vom von der Uni und so vom, irgendwie, so im Ganz, ganz weit in meinem Gedächtnis war das Vergraben. Aber die Büste an sich war schon sehr spannend, weil die die Figur hat, Pockennarben und man sieht halt, und das ist auch so ein Shift in der Kunstgeschichte, dass plötzlich nicht mehr so eine idealisierte Darstellung vorherrscht in den Figuren, in den Büsten, sondern die realistische. Und ich glaube, das ist genau an dieser Kippe dieser Figur entstanden ist von Houdon, dem Skulpteur. Und das hat mich wahnsinnig fasziniert. Vor allem, weil ich dachte: Speaker 1 Und was ist vorne drauf.

Speaker 2 Gewisse Sachen, interessieren mich halt zum Beispiel. Zum Beispiel in diesem alten Vogelsaal gibt es die Büste, von dem Christoph Willibald Gluck Büste. Und die fand ich wahnsinnig toll, weil das war ja ein ein Opernkomponist und ein Neuerer der Oper. Und das weiß ich aber nur so vom von der Uni und so vom, irgendwie, so im Ganz, ganz weit in meinem Gedächtnis war das Vergraben. Aber die Büste an sich war schon sehr spannend, weil die die Figur hat, Pockennarben und man sieht halt, und das ist auch so ein Shift in der Kunstgeschichte, dass plötzlich nicht mehr so eine idealisierte Darstellung vorherrscht in den Figuren, in den Büsten, sondern die realistische. Und ich glaube, das ist genau an dieser Kippe dieser Figur entstanden ist von Houdon, dem Skulpteur. Und das hat mich wahnsinnig fasziniert. Vor allem, weil ich dachte: Speaker 2 Vorne ist. Ja, es ist eigentlich ein Ballon oder so eine Plastikfolie, die so Ausbuchtungen hat, die einen Körper anheben. Aber es ist nicht ganz. Es ist kein binär gelesen oder viele sagen, es ist eine Frauenkörper, aber manche sagen auch, es ist trans, eine Transfrau. Es ist oder genauer, es ist eigentlich unklar, welche Körper da ist, aber es ist auf jeden Fall ein sehr körperliches Cover.

Speaker 2 Gewisse Sachen, interessieren mich halt zum Beispiel. Zum Beispiel in diesem alten Vogelsaal gibt es die Büste, von dem Christoph Willibald Gluck Büste. Und die fand ich wahnsinnig toll, weil das war ja ein ein Opernkomponist und ein Neuerer der Oper. Und das weiß ich aber nur so vom von der Uni und so vom, irgendwie, so im Ganz, ganz weit in meinem Gedächtnis war das Vergraben. Aber die Büste an sich war schon sehr spannend, weil die die Figur hat, Pockennarben und man sieht halt, und das ist auch so ein Shift in der Kunstgeschichte, dass plötzlich nicht mehr so eine idealisierte Darstellung vorherrscht in den Figuren, in den Büsten, sondern die realistische. Und ich glaube, das ist genau an dieser Kippe dieser Figur entstanden ist von Houdon, dem Skulpteur. Und das hat mich wahnsinnig fasziniert. Vor allem, weil ich dachte: Speaker 1 Ja. Es sieht aber auch gar nicht so gealtert aus, weil du jetzt sagtest, wenn man über einem gewissen Reifeprozess bei sieht.

Speaker 2 Gewisse Sachen, interessieren mich halt zum Beispiel. Zum Beispiel in diesem alten Vogelsaal gibt es die Büste, von dem Christoph Willibald Gluck Büste. Und die fand ich wahnsinnig toll, weil das war ja ein ein Opernkomponist und ein Neuerer der Oper. Und das weiß ich aber nur so vom von der Uni und so vom, irgendwie, so im Ganz, ganz weit in meinem Gedächtnis war das Vergraben. Aber die Büste an sich war schon sehr spannend, weil die die Figur hat, Pockennarben und man sieht halt, und das ist auch so ein Shift in der Kunstgeschichte, dass plötzlich nicht mehr so eine idealisierte Darstellung vorherrscht in den Figuren, in den Büsten, sondern die realistische. Und ich glaube, das ist genau an dieser Kippe dieser Figur entstanden ist von Houdon, dem Skulpteur. Und das hat mich wahnsinnig fasziniert. Vor allem, weil ich dachte: Speaker 2 Nicht gealtert aus, aber wir haben genau die Frage des Alters haben wir nicht auf ein Alter beschränkt, dass das hohe Alter ist, sondern wir haben Leute von 25 bis 80 eingeladen. Also altern tun ja auch Babys. Alle altern Ja. Jeder Mensch, der das hört, altert gerade. Good luck. With it…

Speaker 2 Gewisse Sachen, interessieren mich halt zum Beispiel. Zum Beispiel in diesem alten Vogelsaal gibt es die Büste, von dem Christoph Willibald Gluck Büste. Und die fand ich wahnsinnig toll, weil das war ja ein ein Opernkomponist und ein Neuerer der Oper. Und das weiß ich aber nur so vom von der Uni und so vom, irgendwie, so im Ganz, ganz weit in meinem Gedächtnis war das Vergraben. Aber die Büste an sich war schon sehr spannend, weil die die Figur hat, Pockennarben und man sieht halt, und das ist auch so ein Shift in der Kunstgeschichte, dass plötzlich nicht mehr so eine idealisierte Darstellung vorherrscht in den Figuren, in den Büsten, sondern die realistische. Und ich glaube, das ist genau an dieser Kippe dieser Figur entstanden ist von Houdon, dem Skulpteur. Und das hat mich wahnsinnig fasziniert. Vor allem, weil ich dachte: Speaker 1 Und von der körperlichen Liebe möchte ich gerne zu einer anderen Liebe, vielleicht einer geistigen, eher überleiten, dem Gothaer Liebespaar. Ein Beitrag von Dagmar Trüpel.

Jingle: Spurensuche

JOHANNA: Was für Paris die Mona Lisa und für Dresden die Sixtinische Madonna, das ist für

JOHANNA: Gotha sein Liebespaar. Das wohl berühmteste Gemälde und Herzstück der Sammlung. Doch

JOHANNA: – wenn ganze Generationen von Kunsthistoriker*innen glaubten, alles über das berühmte

JOHANNA: Liebespaar zu wissen, dann haben sie sich geirrt.

T: „Es ist so, dass über dieses Gemälde in aller Regelmäßigkeit, alle paar Jahre eine neue

T: Interpretation veröffentlicht wird, mit neuen Ideen, neuen Erkenntnissen oder

T: Interpretationen, was sehr schön ist insofern, weil man natürlich ein Meisterwerk auch daran

T: misst, was es eben an Überlegungen oder eben an Geheimnissen gibt.“

OLIVER: Dr. Timo Trümper ist Direktor Wissenschaft und Sammlungen der Stiftung Schloss

OLIVER: Friedenstein Gotha. Er kennt die Geschichten, die sich um das Herzstück der Sammlung

ranken: um das wohl berühmteste Liebespaar Thüringens. Doch – wer sind die beiden? Das

ranken: Doppelporträt und ein geheimnisvoller Text lassen verschiedene Deutungen zu. Zeit für uns,

ranken: auf Spurensuche zu gehen.

ranken: SFX Shady lady

JOHANNA: Betritt man die rot verkleideten Räume der Gemäldegalerie im ersten Stock des

JOHANNA: Herzoglichen Museums, fällt einem das Gothaer Liebespaar als erstes ins Auge. Es ist das

JOHANNA: erste großformatigen Doppelbildnis in der deutschen Tafelmalerei! Das Bild zeigt einen

JOHANNA: jungen Mann und eine junge Frau vor einem dunklen Hintergrund, als Halbfiguren

JOHANNA: lebensgroß gemalt, reich gewandet und von einem Spruchband über ihren Köpfen umspielt.

JOHANNA: In zärtlicher Zuneigung sind sie einander zugewandt. Der junge Mann umfasst die Frau

JOHANNA: liebevoll, sie hat die Quasten seines Umhanges ergriffen und schiebt selbstversunken einen

JOHANNA: goldenen Reif über eine dieser Quasten hinweg.

T: „Da wird eben körperliche Nähe, Zuneigung und man muss sagen auch tatsächlich Erotik in

T: das Bild gesetzt, weil das Motiv wie dieses goldene Schmuckstück über diese Trotteln bei dem

T: Mann geschoben wird, das darf man schon als eine erotische Andeutung verstehen, die hier

T: in das Bild gesetzt ist.“

JOHANNA: Auf dem Gemälde sollen angeblich Graf Philipp von Hanau-Münzenberg und die

JOHANNA: Bürgerliche Margaret Weißkircher abgebildet sein. So kann man es zumindest in mancher

JOHANNA: Fachliteratur lesen. Die beiden wurden nach dem Tod von Graf Philipps Frau Adriana ein

JOHANNA: Liebespaar. Obgleich die Verbindung „nicht ebenbürtig“ war, lebten sie 23 Jahre lang

JOHANNA: zusammen bis zu Graf Philipps Tod im Jahr 1500.

OLIVER: Diese romantische Geschichte wird nach wie vor immer wieder gerne erzählt. Doch

OLIVER: zeigt das Bild wirklich dieses prominente Liebespaar? – Was wir wissen ist, dass das Bild um

OLIVER: 1485 von einem Meister des Amsterdamer Kabinetts geschaffen wurde. Wer der Maler war?

OLIVER: Das wissen wir nicht. Das Gemälde ist nicht signiert. Was jedoch für diese Zeit nicht unüblich

OLIVER: war.

OLIVER: SFX Shady Lady im folgenden Satz leicht unterlegt

OLIVER: Wichtig für unsere Spurensuche ist jedoch das Datum. Denn 1485, im

OLIVER: Entstehungsjahr des Gemäldes, war Graf Philipp bereits 36 Jahre alt, das Bild zeigt jedoch

OLIVER: einen Jüngling. Und das entsprach nicht den Porträtkonventionen des 15. Jahrhunderts, die

OLIVER: großen Wert auf Ähnlichkeit der Darstellung legten!

T: „Wenn wir uns aber die beiden hier auf unserem Bildnis anschauen, so ist doch eine sehr

T: deutliche Idealisierung zu erkennen. Also gerade bei dem jungen Mann scheint es sich ja

T: nicht um einen individuell dargestellten Jüngling zu handeln, sondern vielleicht um eine

T: Idealfigur eines Höflings mit diesen gelockten Haaren und diesen ja verklärten Gesichtszügen.

T: Wenn man also in die ja niederländische Malerei der Zeit geht oder auch in die deutsche

T: Malerei der Zeit geht, man doch einen ja weitaus stärkeren Realismus entdecken kann, der ja

T: natürlich das Individuelle der Dargestellten in der Porträtkunst in den Vordergrund stellt. Das

T: haben wir hier nicht. Und diese Porträtbildnisse auch immer in kleinen Formate sind, also viel

T: intimere Darstellungen. Und hier plötzlich hat man es mit lebensgroßen Personen zu tun,

T: weshalb dieser Versuch einer Identifizierung oder die Einordnung dieses Gemäldes in die

T: Gattung der Porträts meines Erachtens also in eine Sackgasse führt.“

JOHANNA: Und wie edel auch die Frau gekleidet ist! Sie trägt eine mit goldenen Sonnen

JOHANNA: bestickte Haube, ihr dunkles Gewand fällt locker und ist aus feinem Stoff. Was für ein schick

JOHANNA: gekleidetes Paar! Es können nur Personen aus dem Adel sein.

T: Und wenn wir das dann mit dieser Idealisierung in Verbindung bringen, dann haben wir es

T: mit einer höfischen Liebe, mit der Minne zu tun …

OLIVER: … und einen weiteren guten Hinweis liefert auch das Bild selbst. Das geschwungene

OLIVER: Schriftband, das die Köpfe der Liebenden umspielt, nimmt fast ein Drittel des Gemäldes ein.

OLIVER: Es ist ein Liebes- und Treueschwur in allemannischer Mundart.

T: Das Wunderbare dieses Bildes ist es nicht nur eine wirklich zauberhafte Darstellung dieses

T: Liebespaars, sondern wir haben es auch noch mit Schrift zu tun, künstlerisch, kaligraphisch

T: mit so fliegenden Spruchbändern, die eben auch außergewöhnlich sind und die aber doch

T: einen gar nicht so komplizierten Zugang zu diesem Bild bieten. Man muss nur an der

T: richtigen Stelle anfangen, nämlich nicht ganz links im Bild, sondern über dem Kopf der Dame,

T: die hier somit eigentlich als Akteurin startet in diesem Bild.

JOHANNA: Die Künstlerin Elisabeth R. Hager hat diesem historischen Spruchband eine

JOHANNA: moderne Stimme geschenkt.

JOHANNA: SFX die Vertonung von Elisabeth E. Hager

T: Und so wird jede Zeit wieder einen neuen Blick auf dieses Meisterwerk werfen, einen

T: neuen Blick auf dieses Meisterwerk richten.

T: Und auch das macht eben vielleicht das Besondere dieses Bildes aus, dass man nie zu einer

T: endgültigen Interpretation kommen wird und dass man nie das letzte Geheimnis dieses

T: Gemäldes finden wird und dass es großen Spaß macht, sich damit zu beschäftigen und

T: vielleicht einen ganz eigenen Zugang zu diesem Gemälde findet

Jingle: Spurensuche

JOHANNA: Was für Paris die Mona Lisa und für Dresden die Sixtinische Madonna, das ist für

JOHANNA: Gotha sein Liebespaar. Das wohl berühmteste Gemälde und Herzstück der Sammlung. Doch

JOHANNA: – wenn ganze Generationen von Kunsthistoriker*innen glaubten, alles über das berühmte

JOHANNA: Liebespaar zu wissen, dann haben sie sich geirrt.

T: „Es ist so, dass über dieses Gemälde in aller Regelmäßigkeit, alle paar Jahre eine neue

T: Interpretation veröffentlicht wird, mit neuen Ideen, neuen Erkenntnissen oder

T: Interpretationen, was sehr schön ist insofern, weil man natürlich ein Meisterwerk auch daran

T: misst, was es eben an Überlegungen oder eben an Geheimnissen gibt.“

OLIVER: Dr. Timo Trümper ist Direktor Wissenschaft und Sammlungen der Stiftung Schloss

OLIVER: Friedenstein Gotha. Er kennt die Geschichten, die sich um das Herzstück der Sammlung

ranken: um das wohl berühmteste Liebespaar Thüringens. Doch – wer sind die beiden? Das

ranken: Doppelporträt und ein geheimnisvoller Text lassen verschiedene Deutungen zu. Zeit für uns,

ranken: auf Spurensuche zu gehen.

ranken: SFX Shady lady

JOHANNA: Betritt man die rot verkleideten Räume der Gemäldegalerie im ersten Stock des

JOHANNA: Herzoglichen Museums, fällt einem das Gothaer Liebespaar als erstes ins Auge. Es ist das

JOHANNA: erste großformatigen Doppelbildnis in der deutschen Tafelmalerei! Das Bild zeigt einen

JOHANNA: jungen Mann und eine junge Frau vor einem dunklen Hintergrund, als Halbfiguren

JOHANNA: lebensgroß gemalt, reich gewandet und von einem Spruchband über ihren Köpfen umspielt.

JOHANNA: In zärtlicher Zuneigung sind sie einander zugewandt. Der junge Mann umfasst die Frau

JOHANNA: liebevoll, sie hat die Quasten seines Umhanges ergriffen und schiebt selbstversunken einen

JOHANNA: goldenen Reif über eine dieser Quasten hinweg.

T: „Da wird eben körperliche Nähe, Zuneigung und man muss sagen auch tatsächlich Erotik in

T: das Bild gesetzt, weil das Motiv wie dieses goldene Schmuckstück über diese Trotteln bei dem

T: Mann geschoben wird, das darf man schon als eine erotische Andeutung verstehen, die hier

T: in das Bild gesetzt ist.“

JOHANNA: Auf dem Gemälde sollen angeblich Graf Philipp von Hanau-Münzenberg und die

JOHANNA: Bürgerliche Margaret Weißkircher abgebildet sein. So kann man es zumindest in mancher

JOHANNA: Fachliteratur lesen. Die beiden wurden nach dem Tod von Graf Philipps Frau Adriana ein

JOHANNA: Liebespaar. Obgleich die Verbindung „nicht ebenbürtig“ war, lebten sie 23 Jahre lang

JOHANNA: zusammen bis zu Graf Philipps Tod im Jahr 1500.

OLIVER: Diese romantische Geschichte wird nach wie vor immer wieder gerne erzählt. Doch

OLIVER: zeigt das Bild wirklich dieses prominente Liebespaar? – Was wir wissen ist, dass das Bild um

OLIVER: 1485 von einem Meister des Amsterdamer Kabinetts geschaffen wurde. Wer der Maler war?

OLIVER: Das wissen wir nicht. Das Gemälde ist nicht signiert. Was jedoch für diese Zeit nicht unüblich

OLIVER: war.

OLIVER: SFX Shady Lady im folgenden Satz leicht unterlegt

OLIVER: Wichtig für unsere Spurensuche ist jedoch das Datum. Denn 1485, im

OLIVER: Entstehungsjahr des Gemäldes, war Graf Philipp bereits 36 Jahre alt, das Bild zeigt jedoch

OLIVER: einen Jüngling. Und das entsprach nicht den Porträtkonventionen des 15. Jahrhunderts, die

OLIVER: großen Wert auf Ähnlichkeit der Darstellung legten!

T: „Wenn wir uns aber die beiden hier auf unserem Bildnis anschauen, so ist doch eine sehr

T: deutliche Idealisierung zu erkennen. Also gerade bei dem jungen Mann scheint es sich ja

T: nicht um einen individuell dargestellten Jüngling zu handeln, sondern vielleicht um eine

T: Idealfigur eines Höflings mit diesen gelockten Haaren und diesen ja verklärten Gesichtszügen.

T: Wenn man also in die ja niederländische Malerei der Zeit geht oder auch in die deutsche

T: Malerei der Zeit geht, man doch einen ja weitaus stärkeren Realismus entdecken kann, der ja

T: natürlich das Individuelle der Dargestellten in der Porträtkunst in den Vordergrund stellt. Das

T: haben wir hier nicht. Und diese Porträtbildnisse auch immer in kleinen Formate sind, also viel

T: intimere Darstellungen. Und hier plötzlich hat man es mit lebensgroßen Personen zu tun,

T: weshalb dieser Versuch einer Identifizierung oder die Einordnung dieses Gemäldes in die

T: Gattung der Porträts meines Erachtens also in eine Sackgasse führt.“

JOHANNA: Und wie edel auch die Frau gekleidet ist! Sie trägt eine mit goldenen Sonnen

JOHANNA: bestickte Haube, ihr dunkles Gewand fällt locker und ist aus feinem Stoff. Was für ein schick

JOHANNA: gekleidetes Paar! Es können nur Personen aus dem Adel sein.

T: Und wenn wir das dann mit dieser Idealisierung in Verbindung bringen, dann haben wir es

T: mit einer höfischen Liebe, mit der Minne zu tun …

OLIVER: … und einen weiteren guten Hinweis liefert auch das Bild selbst. Das geschwungene

OLIVER: Schriftband, das die Köpfe der Liebenden umspielt, nimmt fast ein Drittel des Gemäldes ein.

OLIVER: Es ist ein Liebes- und Treueschwur in allemannischer Mundart.

T: Das Wunderbare dieses Bildes ist es nicht nur eine wirklich zauberhafte Darstellung dieses

T: Liebespaars, sondern wir haben es auch noch mit Schrift zu tun, künstlerisch, kaligraphisch

T: mit so fliegenden Spruchbändern, die eben auch außergewöhnlich sind und die aber doch

T: einen gar nicht so komplizierten Zugang zu diesem Bild bieten. Man muss nur an der

T: richtigen Stelle anfangen, nämlich nicht ganz links im Bild, sondern über dem Kopf der Dame,

T: die hier somit eigentlich als Akteurin startet in diesem Bild.

JOHANNA: Die Künstlerin Elisabeth R. Hager hat diesem historischen Spruchband eine

JOHANNA: moderne Stimme geschenkt.

JOHANNA: SFX die Vertonung von Elisabeth E. Hager

T: Und so wird jede Zeit wieder einen neuen Blick auf dieses Meisterwerk werfen, einen

T: neuen Blick auf dieses Meisterwerk richten.

T: Und auch das macht eben vielleicht das Besondere dieses Bildes aus, dass man nie zu einer

T: endgültigen Interpretation kommen wird und dass man nie das letzte Geheimnis dieses

T: Gemäldes finden wird und dass es großen Spaß macht, sich damit zu beschäftigen und

T: vielleicht einen ganz eigenen Zugang zu diesem Gemälde findet

T: Speaker 1 Wie war dein ganz eigener Zugang zu diesem Gemälde?

T: Speaker 2 Ja, ich fand es auch verrätselt und gleichzeitig sehr klar, was da was da vor sich geht. Zwei Menschen, die sich lieben. Und die Vorzeichen sind ungeklärt. Weil das mal. Das war die Info, die ich bekommen habe. Das eben genau wie im Beitrag ja schon erwähnt, dass es sich eben um eine weltliche Darstellung der Liebe handelt, wo die Leute auf einem Bild zusammen zu sehen sind und was ganz was Neues ist. Und da könnte ich wieder anschließen mit unserem Buchprojekt Wir kommen, das Mitte März bei DuMont erscheint, weil da haben wir auch eine neue, eine ganz neue Art, der einfach ein neues Genre erfunden, nämlich den Kollektivroman. Und beim Liebespaar ist auch dieser Innovationswert total groß, weil das war quasi das erste Mal, was mich total geflasht hat. Auch war diese Inschrift. Die hat mich dann auch inspiriert zu meinem Rap Song, den ich dann gemacht habe über dieses Bild. Und nun ist jetzt der Rap keine ganz neue Musikform, aber für mich war es doch in diesem Kontext ganz was Neues und ich wollte auch, wie ich ja vorhin schon gesagt, dass ich das liebe, wenn Form und Inhalt in eins fallen. Ich wollte auch formal eine Herangehensweise wählen. Das fand ich nur konsequent. Also eine Form zu wählen, die den Innovationsgrad auch deutlich macht.

T: Speaker 1 Ja, ich wollte gerade sagen, doch das hast du jetzt gerade gesagt, dass das eben ein Rap ist und dass das wirklich sehr deine Bandbreite auch zeigt. Das ganze Projekt bei uns im Herzoglichen Museum, weil Rap dann manchmal nur ganz minimale Klänge. Also sollte man sich anhören, man kann es noch bis 31. März sich anhören. Wer zu uns ins Herzogliche Museum kommt, der wird dann vor den Objekten, vor den acht Elisabeth sich ausgesucht haben, hat diese wunderschönen sessel gemütlichen Sessel finden mit einem, einer einem Stoff darüber. Da steht dann das Gedicht oder die der Beitrag drauf auch ein QR Code. Der führt dann eben zu deinen Klangkunstwerken. Die kann man sich auch noch mal im Internet anhören. Man findet sie auch über unsere Website www.friedenstein.eu. Wer bis dahin noch andere Dinge lesen möchte, da wäre dann vielleicht der tanzende Berg noch zu empfehlen. Außerdem noch auf schon einen Nachfolger auch gekürt. Wer ist denn das?

T: Speaker 2 Das ist Yannick Hao Biao Federer und da freue ich mich auch sehr, weil bei der Überlegung, wer die Nachfolge antreten könnte, war mir wichtig, dass im Ensemble der einzelnen Stücke, also der einzelnen Leute, dass wir da eine gewisse Spannung erzielen. Das ist jetzt eben nicht eine österreichische Freundin, die auch gerne über Berge schreibt und über Feminismus frage Also ich meine, natürlich hätten wir, hätte ich auch machen können und hätte ich gerne gemacht. Aber ich dachte, ich möchte gern eine Position, einen Autor, der möglichst entfernt von meiner eigenen Handschrift arbeitet und ich scchätze Yannick Arbeiten sehr. Also seine Romane, die ich bisher gelesen habe und finde einfach, dass er so einen ganz trockenen, kurzen Stil hat, der sich sich einfach sehr stark abhebt, sowohl von Miko als auch von meiner Handschrift. Und das fand ich super spannend. Und außerdem dachte ich, er bringt wahrscheinlich auch was ganz anderes mit. Also anders als Miko und ich bin mit Yannick Han Biao Federer nicht befreundet. Ich habe ihn einmal getroffen und schätze ihn einfach sehr als Autor und habe mich wahnsinnig gefreut, dass er das machen möchte.

T: Speaker 1 Ich freue mich auch über die Wahl. Ich habe letzte Woche zum ersten Mal mit ihm gesprochen. Sehr sympathisch, auch spannende Themen. Also ich bin gespannt, was er dann im nächsten Jahr sich aussucht. Welche Objekte?

T: Speaker 2 Ja, ich auch.

T: Speaker 1 Wir sind eigentlich auch schon wieder am Ende. Das war schade. Ich würde gern noch mit dir weiterreden. Es gäbe noch sehr viel. Aber vielleicht kommt noch mal eine andere Gelegenheit.

T: Speaker 2 Würd mich sehr freuen.

T: Speaker 1 Dann Danke an dich.

T: Speaker 2 Ja, und ich sag auch Danke Und allen Leuten, die jetzt ins Museum stürmen. Viel Spaß.

Sprecher:

Sprecher: Dies war die 11. Folge des Podcasts der Friedenstein Stiftung Gotha. Konzipiert und geschrieben von Claudia Klein, Dagmar Trüpschuch und Susanne Finne-Hörr, die auch moderiert hat. Es sprachen Johanna Zehendner und Oliver Brod, der die Beiträge editiert und gemischt hat. Die Jingles komponierte Bertram Denzel. Wir arbeiten schon an der nächsten Folge, in der es um eine Heilige geht, die in einen Diebstahl verwickelt war. Abonniert uns doch einfach! Dann seht ihr sofort, wenn wir wieder für euch von unserem Schlosshügel senden. Wir freuen uns, wenn ihr dann wieder reinhört – in euren Friedenstein-Funk.

Sprecher: Endjingle

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