#25: Heuchelei mit Happy End
Shownotes
Seit 1996 gibt es das Ekhof-Festival. Jeden Sommer erwacht das historische Theater im Westturm von Schloss Friedenstein zu neuem Leben. Zum Abschluss des diesjährigen Festivals blicken wir zurück und lassen die Neuinszenierung von Molières Komödie „Tartuffe oder der Betrüger“ noch einmal Revue passieren. Unsere Moderatorin Susanne Finne-Hörr spricht mit der Regisseurin Naemi Friedmann und Reporterin Claudia Klein sieht sich auf und hinter der historischen Bühne um.
Beitrag 1: Sie hat 335 Jahre auf dem Buckel und viel erlebt: Die historische Bühne des Ekhof-Theaters setzt sich in Szene.
Beitrag 2: Jürgen Weis ist Kulissenmaler und die gute Seele des Ekhof-Theaters. Er führt uns durch sein Reich.
Alle Ankündigungen und Programme des Ekhof-Festivals 2026 findet ihr hier: https://ekhof-festival.de
Mehr zum Ekhof-Theater und seiner historischen Bühnenmaschinerie gibt es hier: https://www.stiftung-friedenstein.de/ekhof-theater
Naemi Friedmanns Auftritt auf Instagram: https://www.instagram.com/die_friedmaennerin/
Transkript anzeigen
00:00:06: Diese Bühne macht eigentlich keine Schwierigkeiten, aber man muss sie trotzdem wie einen eigenständigen Mitspieler begreifen.
00:00:17: Kleine Sekunde, er lässt ihn jetzt runter.
00:00:20: Da sehen Sie dann auch gleich mal, wie es dann in der Verwandlung auch passiert.
00:00:28: Das ist doch alles nichts ohne die passenden Soundeffekte.
00:00:54: Heute mal nicht aus dem Studio, sondern aus dem Westgarten des Friedensteins.
00:01:00: Das ECHO-Feste will im Endeffekt.
00:01:04: Wir wagen einen sommerlichen Rückblick auf die gefeierte Inszenierung Tartüff oder der Betrüger.
00:01:12: Ja.
00:01:13: Hallo und herzlich willkommen zu Folge Nummer twenty-fünf.
00:01:16: Wir sitzen im Westgarten von Schloss Friedenstein, die Vögel zwitschern.
00:01:21: Und mir gegenüber sitzt Naimi Friedmann.
00:01:24: Hallo, Naimi.
00:01:25: Hallo.
00:01:25: Naemi ist die Regisseurin von unserem diesjährigen Hauptbühnenstück des Ecofestivals Tatyf oder der Betrüger.
00:01:33: Und gestern war Premiere.
00:01:35: Ich habe schon sehr viel begeisternde Stimmen darüber gehört.
00:01:39: Wie geht es dir jetzt damit?
00:01:41: Ich bin sehr froh und glücklich und stolz.
00:01:47: Natürlich auch ein kleines bisschen erschöpft.
00:01:50: Aber vorrangig bin ich tatsächlich sehr froh und stolz.
00:01:54: Ja.
00:01:55: Du hast es dir unten aus dem Bühnengramm angeguckt.
00:01:58: Fiebert man da mit?
00:01:58: oder wie funktioniert das, wenn man da so sitzt?
00:02:01: Ist man da so drin in seinem Film, dass man alles hat?
00:02:04: Das ist manchmal ein bisschen unterschiedlich.
00:02:08: Aber gestern war es tatsächlich so, dass ich da saß und eigentlich so den Theateramt an sich selber genießen konnte.
00:02:18: Das hat aber zur Voraussetzung, dass man so ein bisschen Abstand gewinnt als Regie.
00:02:24: Und das passiert nicht immer.
00:02:26: Das ist nicht immer so leicht.
00:02:28: Weil man natürlich denkt so, passiert ist jetzt alles richtig machen.
00:02:32: Also funktioniert das Licht und funktioniert der Ton und macht die Schauspieler auch das.
00:02:37: Und das hat aber dieses Jahr total gut funktioniert, auch weil wir eine sehr schöne Generalprobe hatten.
00:02:43: Und das war für mich gestern wirklich total schön, einfach in der ersten Reihe sitzen zu können.
00:02:48: dieses Stück anzuschauen wie ein normaler Zuschauer würde ich jetzt sagen.
00:02:54: Ja, schön.
00:02:55: Vielleicht mal kurz noch mal zu dir.
00:02:57: Du hast ja an der UDK in Berlin, hast du erst Schauspiel studiert und dann hast du noch mal Regie auch studiert.
00:03:03: Das war an der Ernst Busch, an der Hochschule für Schauspiel.
00:03:07: Und wann wusstest du für dich so, dass deine Heimat die Bühne
00:03:10: ist?
00:03:11: Ah, wann ich das wusste.
00:03:13: Also, das wusste ich tatsächlich schon relativ früh.
00:03:17: Es ist so ein ganz klassischer Werdegang, würde ich jetzt beschreiben.
00:03:21: Und zwar in der Schultheater-G.
00:03:23: Und da hatte ich einen ganz, ganz tollen Theaterlehrer.
00:03:28: Der war eigentlich Lateinlehrer, aber er hat die Theatergruppe geleitet.
00:03:33: Das war Clemens Krause.
00:03:35: Und da hab ich, glaub ich, in der elften Klasse, ich weiß nicht mehr, wie alt ist man denn in der elften Klasse, wie alt war ich da?
00:03:41: Äh, sechzehn, siebzehn Jahre, ne?
00:03:45: Genau.
00:03:46: Und da bin ich mit eingestiegen in diese Theatergruppe und hab dort angefangen zu spielen.
00:03:51: Und das weiß ich noch ziemlich genau, dass wir die erste Premiere hatten mit dieser Schulteratergruppe.
00:03:57: Und ich so gemerkt habe, dass mit dem, was ich da mache auf der Bühne, Aber dass ich damit tatsächlich Leute erreichen kann, dass die wirklich reagieren, lachen, weinen, Emotionen plötzlich haben, das hat mich enorm geprägt und beeindruckt.
00:04:15: Und dann dachte ich so, okay, ich glaub, ich muss das machen.
00:04:20: Weiß noch, welchen Stück das war damals?
00:04:22: Natürlich.
00:04:23: Das war scherzartiere Ironie und tiefere Bedeutung von Christoph Dietrich Krabbe.
00:04:29: Nee.
00:04:30: von Christian, die Trichkarre.
00:04:33: Ich kenn's, ehrlich gesagt, überhaupt nicht, aber gut.
00:04:35: Ja, ja.
00:04:37: Das heißt, dann hast du dich aber entschlossen, nach Berlin zu gehen und dann Schauspiel zu studieren?
00:04:43: Nee, das ist so ... Also, ich wusste, dass ich das kann und will, aber ich war damals auch noch nicht so selbstbewusst und hab mich gar nicht getraut, tatsächlich mich an der Schauspielschule zu bewerben.
00:04:59: Und dann bin ich nämlich tatsächlich hier nach Gotha gekommen und hab hier ein freiwillig kulturelles Jahr gemacht und war in der Bibliothek, hier in der Orangerie.
00:05:10: Und da hat dann tatsächlich die Bibliothekschefin zu mir irgendwann gesagt, sie springen immer so fröhlich durch die Regale, wollen sie mal zum Art der Stadt.
00:05:20: Und der Art der Stadt ist ja hier in Gotha ein freier Theaterverein.
00:05:25: Und da hatte ich dann glücklicherweise auch so sehr, sehr tolle Kollegen.
00:05:29: Die gesagt haben, Nainu, du bist talentiert, mach das, geh vorsprechen.
00:05:34: Und das ist vielleicht auch in unserem Zusammenhang interessant.
00:05:37: Das war nämlich tatsächlich Christian Mark, der hier in der Vorstellung von Tative Organs spielt.
00:05:43: Genau, und Christian Mark hat mich eigentlich vorbereitet für die Schauspielschule.
00:05:48: Und dann hab ich vorgesprochen in Rostock, glaub ich, das erste Mal, da wurde ich aber nicht genommen.
00:05:55: Und dann hatte ich enormes Glück, weil ich beim zweiten Vorsprechen an der UDK dann genommen wurde.
00:06:01: Aber das ist nicht selbstverständlich, muss ich gleich dazusagen.
00:06:04: Es gibt Leute, die gehen jahrelang vorsprechen, und dann klappt es nach dem dreizehnten, zwanzigsten Mal.
00:06:11: Und da braucht man wirklich sehr viel ... Widerstandskraft, glaub ich auch.
00:06:15: Und auch eben Glück.
00:06:16: Wie bist du dann weiter zur Regie gekommen, woher wusstest du, es ist jetzt nicht nur auf der Bühne, sondern auch dahinter, davor ...
00:06:23: Das ist auch tatsächlich über einen Menschen passiert, der mich extrem gefördert hat.
00:06:32: Nach der Schauspielschule war ich freischaffende Schauspielerin.
00:06:36: Ich bin da auch wieder zurückgekommen und hab hier auch weiter als professionelle Schauspielerin gearbeitet.
00:06:42: Weil ich gerne eigentlich hier arbeiten wollte und auch alles, was ich gelernt hab an der UDK, auch hier mit weitertragen.
00:06:50: Und dann ... bin ich wieder noch mal wie ein Schritt zurückgegangen, nach Eisenach, in das jetzt sogenannte Theater am Markt, das Tamm.
00:07:01: Und da hat Timo Bamberger, der war sozusagen mit einer der Gründer.
00:07:06: Und da hat Timo mich dann tatsächlich so im Türrahmen, hat er mich so gefragt, ob ich bei denen freie Mitarbeiterin werden möchte.
00:07:14: Und dann hab ich gesagt, okay, mach ich, ist ja gerne.
00:07:17: Und dann, der auch zu mir gesagt, ich solle doch aber auch inszenieren.
00:07:22: Und dann hab ich zu Timo gesagt, weil Timo, ich kann nicht inszenieren.
00:07:26: Ich weiß nicht, wie das geht.
00:07:27: Ich hab's noch nie gemacht.
00:07:30: Ich hab Schauspiel studiert, aber das ist ja nicht dasselbe wie inszenieren.
00:07:33: Und er war aber tatsächlich ziemlich überzeugt und hat so gesagt, nee, nee, ich glaube, na irgendwie, dass das was für dich ist und dass du das ziemlich gut kannst.
00:07:42: Und dann hat der mir aber tatsächlich sehr viel Freiheit gegeben und Sicherheit gleichzeitig.
00:07:47: Und der hat auch tatsächlich gesagt, und wenn es richtig doof läuft, dann lassen wir die Inszenierung einfach sein.
00:07:53: Also das war von ihm auch ein riesiges Risiko, weil er dann ein Stück im Spielplan fehlt.
00:08:02: Und dann habe ich gesagt, okay, das probiere ich.
00:08:04: Und dann hatte ich die erste Probe.
00:08:06: Und das ist auch wieder lustig, wie sich die Kreise schließen, weil ein Herr, der ist dann später eingestiegen, noch mit in die Produktion, das ist Wenzel Schneider, der unsere Tathöfe ist, tatsächlich.
00:08:17: Und Wenzel war damals, glaub ich, auch ... Sehr jung, also, fünfzehn, sechzehn oder so.
00:08:22: Ja,
00:08:22: aber ist es nur noch jung oder Anfang zwanzig?
00:08:24: oder wie alt ist er jetzt?
00:08:25: Ich weiß nicht, ob ich es verraten darf im Radio.
00:08:27: Aber zwanzig.
00:08:28: Wir können das rausschneiden.
00:08:29: Ja, genau.
00:08:31: Genau.
00:08:32: Und da hab ich dann tatsächlich diese Produktion gemacht.
00:08:34: und das war wirklich für mich Wahnsinn, weil diese erste Probe, ich weiß es noch ganz genau, wirklich, ich saß so auf der Stuhlkante, also wirklich ganz vorne, Und hab die so machen lassen und probieren lassen.
00:08:49: Und dann ist es aber relativ schnell in meinem Kopf, sind ganz schnelle Dinge passiert.
00:08:54: Und ich wusste so ganz genau, ah, okay, das müssen wir ordnen, das brauchen ein bisschen mehr Zeit, das brauchen mehr Rhythmus.
00:09:01: Und das war dann total augenöffnend, tatsächlich für mich.
00:09:04: Und ich war so, okay, wow.
00:09:06: Wie toll ist das denn?
00:09:07: Ja, okay, ich bin eine Bisserin.
00:09:10: Nee, das hab ich, glaub ich, da noch nicht gedacht, sondern ich war nur so, wie cool ist das, wie schön ist das zu inszenieren?
00:09:15: Und Leute auf der Bühne bringen mir das Vertrauen entgegen, sich vor mir zu verwandeln oder Sachen auszuprobieren.
00:09:23: Also, ich empfinde das als ein extrem Vertrauensbeweis, den es auch zu schützen gilt.
00:09:29: Und ich bin dann immer total gerührt davon, dass so Leute spielen, wenn ich zugucke und so.
00:09:36: Genau.
00:09:36: Und dann hatte ich Blut geleckt und bin dann zu Timo gegangen und hab gesagt, okay, ich mach dir nächstes Jahr zwei Inszenierung.
00:09:42: Und er war so, ja, ja, klar.
00:09:45: Und dann, nach der zweiten Inszenierung, kam er auch so zu mir und meinte, na eben, du musst dich unbedingt professionalisieren.
00:09:54: Das liegt dir total gut.
00:09:56: Genau.
00:09:57: Und dann hab ich mich ... Eigentlich muss ich gestehen.
00:10:01: Ich wollte eigentlich nur selber wissen.
00:10:04: an der Ans Busch beworben.
00:10:05: Ich wollte nur wissen, ob ich das schaffe.
00:10:08: Ich hab gar nicht darüber nachgedacht, dass ich das wirklich dann in der Realität studieren kann.
00:10:13: Eine der Kader schmieden eigentlich auch, das ist ja auch eine ganz
00:10:16: bekannte große
00:10:17: Schauspielschule.
00:10:18: Genau,
00:10:18: also da tatsächlich, als ich mich für Schauspiel beworben habe, hab ich mich nicht getraut, an der Ans Busch mich zu bewerben.
00:10:25: Weil ich hatte viel zu viel, weiß ich nicht.
00:10:28: Auch Angst tatsächlich, aber ... Und ich hab mich nie so gesehen, dass ich so talentiert bin, die ans Busch kommen, was totaler Quatsch ist, übrigens.
00:10:37: Das ist eine ganz normale Schauspielschule wie alle anderen auch.
00:10:41: Aber man hat so einen Respekt davor.
00:10:44: Und genau, dann habe ich mich für die Regie dort beworben und ich habe überhaupt nicht damit gerechnet, dass das klappt.
00:10:49: Und dann haben die mich angerufen, dass es klappt und ich war so, oh je, okay, alles klar.
00:10:54: Toll.
00:10:55: Ja, genau.
00:10:57: Jetzt müssen wir wahrscheinlich ein bisschen vorspulen, am besten mal ins Jetzt.
00:11:01: Also wir kommen vielleicht mal zum Elkoff Theater und Elkoff Festival.
00:11:05: Und bevor wir vielleicht drüber sprechen, was du inszeniert hast und Videos inszeniert hast, können wir mal die Bühne selbst sich vorstellen lassen und die Bühne nach Schinerie.
00:11:25: Ach, das ist Musik in meinen Ohren.
00:11:29: wenn am Ende eines ereignisreichen und kurzweiligen Theaterabends der Applaus ertönt, wenn dreihundertdreißig Hände leicht wie Schmetterlingsflügel aneinanderschlagen, die Luft in Schwingung und die Schauspielerinnen und Schauspieler in Wallung versetzen, aber nicht nur diese.
00:11:51: Denn im Grunde genommen gilt mir doch der süße Applaus.
00:11:56: Bei Lichte betrachtet bin ich doch die eigentliche Attraktion dieses kleinen aber freinen Theaters.
00:12:04: Die Schauspieler, ja, die Trampeln und Springen und Hüpfen auf mir herum, das ist ihre Aufgabe.
00:12:11: Ich
00:12:12: biete ihnen die Bühne.
00:12:14: Denn wenn sie meinen festen Grund nicht unter den Füßen hätten, nun ja, dann würde auch ihr viel gerühmtes Spiel im wahrsten Sinne des Wortes ins Leere gehen und das seit Jahrhunderten.
00:12:28: Vor ziemlich genau zweihundertfünfzig Jahren betrat die erste Chorifäe des deutschsprachigen Theaters meine Bretter, die die Welt bedeuten.
00:12:39: Mit der Seilerischen Schauspieler-Gesellschaft kam ein gewisser Konrad Eckhoff nach Guthaar, den Mann den Vater der deutschen Schauspielkunst
00:12:50: nannte.
00:12:52: Herr netter Kerl, offenbar nicht unbedeutend,
00:12:55: hatte ihn
00:12:55: Weimar gespielt.
00:12:57: Aber wer mag es ihm verdenken?
00:13:01: Mich!
00:13:02: die Gotabühne vorgezogen und aus lauter Dankbarkeit verewigte man ihn auch gleich in der Namensgebung des gesamten Theaters,
00:13:11: Eckhoff
00:13:12: Theater.
00:13:14: Für mich persönlich war dieser Eckhoff, nun ja, ein Passant und Statist, dem noch so viele andere folgen sollten, August Wilhelm Ifland beispielsweise und Henriette Händelschütz, um nur diese beiden zu nennen.
00:13:31: Mal für mal waren die Zuschauerringe eng besetzt.
00:13:36: Und der Herzog, der vis-à-vis in seiner Ehrenloge saß und jeden Abend erneut begeistert auf mich hinabblickte, der versäumte keine einzige Vorstellung.
00:13:47: Vollkommen zurecht, denn auf meinen Brettern ging es hoch her.
00:13:52: Ach, da zächten die Bauern im Wirtshaus, schmorten die Unschuldigen im Gefängnis, flirteten die Liebenden im Garten oder feierten die schönen und reichen Rauschen der Feste.
00:14:05: Und
00:14:05: alles, alles
00:14:07: hyperrealistisch ins Zähne gesetzt, von einer Bühnentechnik aller neuster Machart, direkt aus Italien importiert?
00:14:17: Jacomo
00:14:17: Torrelli hieß der begnadete Konstrukteur der sogenannten Schnellverwandlung mit Flaschenzügen, Wellbäumen, Umlenkrollen und so weiter und so weiter.
00:14:29: Doch eindrucksvolle Kulissen, schöne Kostüme, eine aufregende Handlung... Das ist doch alles.
00:14:37: nichts ohne die passenden Soundeffekte.
00:14:40: Und auch die gibt es hier seit mehr als dreihundert fünfunddreißig Jahren
00:14:46: hyperrealistisch
00:14:48: und
00:14:48: handgemacht.
00:14:52: Und jetzt meine ich nicht die knachend Entstiegen und Stege hinter, ober und unter meinen Kulissen oder womöglich die Kulissen schieber, die sich die Zeit bis zu ihrem Einsatz unter meinen Brettern mit Würfelspielen vertreiben.
00:15:06: Nein.
00:15:07: Ich meine präzise eingesetzte Special Effects.
00:15:12: Hören Sie hier.
00:15:13: Seien oder nicht sein,
00:15:15: das
00:15:16: ist hier
00:15:16: die Frage.
00:15:19: Oder hier.
00:15:21: Durch diese
00:15:22: hohe Gasse muss er kommen, es führt
00:15:24: kein anderer Weg nach Küssen.
00:15:26: Und hier vor
00:15:27: allem ist die Gelegenheit es gibt.
00:15:35: Nein, nein, nein, nein, das sind nicht nur Erbsen in einem Eisensieb oder Holzkugeln in einem tiefen Schatt.
00:15:43: Das ist erlebte Geschichte.
00:15:45: Echte Storytelling.
00:15:48: Sogar Blitze und Nebel gab es hier im Schlosstheater des Herzogs Ernst des Zweiten von Sachsen-Gotha Altenburg.
00:15:59: Nur ein Geräusch, das so manches andere Theater heimsuchte, das hat man hier nie gehört.
00:16:06: Und wir können von Glück sagen, dass der Feuer Gott Hephaistus uns seit dem Jahr des Herrn, sixteenhunderts, siebenundachtzig verschont gelassen hat.
00:16:15: Denn sonst wäre guter heute nicht so stolz auf das älteste Barocktheater der Welt.
00:16:22: Mit mir, der einzigen, noch existierenden und funktionierenden Bühnen-Maschinerie?
00:16:29: Ist so.
00:16:30: Darauf bitte einen standesgemäßen Theaterblitz
00:16:35: und Action.
00:16:49: Gibt es eine besondere Herausforderung bei dem Theater?
00:16:52: Diese Bühne macht eigentlich keine Schwierigkeiten.
00:16:56: Aber man muss die trotzdem wie einen eigenständigen Mitspieler begreifen.
00:17:02: Und das ist eigentlich total cool, dass das so geht, weil die knarzt ja auch immer so.
00:17:08: Und das ist irgendwie schön, zu sehen, dass da so ein Raum nicht einfach nur schwarz und ein Blackbox ist und den man befüllen kann und ganz viele Dinge reinprojektieren kann, sondern dass diese Bühne eigentlich ein eigenständiger Spieler ist.
00:17:22: Und das ist total geil.
00:17:25: Ich find das total großartig.
00:17:26: Ja.
00:17:27: Das Echo Festival, das gibt ja das Stück immer schon so ein bisschen vor.
00:17:32: Man bleibt, das ist ja eine barocke Bühne, wie wir gerade gehört haben.
00:17:35: Und deshalb bleiben die Stücke auch meistens so in der Zeit.
00:17:38: Und du hast dich jetzt für Molière entschieden, Tatüf oder der Betrüger.
00:17:43: Warum?
00:17:45: Unter anderem natürlich wegen der Vorgabe.
00:17:48: Und Molière ist natürlich total prädestiniert.
00:17:52: Und dann habe ich in der Historie geguckt, welche Stücke von Malia schon gespielt wurden.
00:17:58: Und Tatüft tauchte nicht auf.
00:18:01: Und ich war so, oh, wow, das ist ja Wahnsinn.
00:18:04: Weil ich finde Tatüft extrem hochaktuell, gerade in unseren heutigen Zeiten tatsächlich.
00:18:10: Und mit dem Ganzen so tun, als ob, um Vorteil draus zu ziehen.
00:18:18: Also ich habe mich tatsächlich richtig gefreut, ich dachte so, ah, der war bestimmt schon, den haben die bestimmt schon gespielt, weil es auch so ein Klassiker eigentlich ist von Molière.
00:18:26: Und dann ist das eigentlich relativ schnell, ist die Entscheidung gefallen.
00:18:30: Ich weiß auch noch, dass ganz am Anfang haben wir auch noch Verknüpfungen hergestellt zu Harry Domela.
00:18:37: der falsche Prinz, der so in Thüringen auch so ein bisschen seine Unwesen getrieben hat.
00:18:42: Also es ist auch eigentlich eine ähnliche Tatövgeschichte.
00:18:45: Also
00:18:45: das ist ein Theaterstück.
00:18:47: Nein,
00:18:47: das ist tatsächlich Realität.
00:18:49: Das war ... Jetzt hab ich ein bisschen gefährliches Halbwissen.
00:18:53: Aber das war, glaub ich, eigentlich ein litterwischer Geflüchteter.
00:18:57: Ich weiß leider nicht mehr genau die Zeit, aber es muss entweder zwischen den beiden Wettkriegen oder nach dem zweiten gewesen sein.
00:19:05: Und der war eigentlich immer nur auf der Suche, wie in der Aufenthaltserlaubnis zu bekommen, was es damals noch nicht wirklich gab.
00:19:13: Und dann hat er sich irgendwann erfunden, dass er auf eine ganz bizare Weise irgendwie zum alten Adel gehört.
00:19:20: Und tatsächlich, die Thüringer Gesellschaften haben den komplett aufgenommen und sind ihm halt tatsächlich total auf den Leim gegangen.
00:19:28: Und das fand ich so interessant.
00:19:31: dass es das eigentlich in der Realität gibt.
00:19:34: Also, der war dann auch in Weimar und so und hat sich überall als irgendeinem Prinz ausgegeben.
00:19:40: Und die ganze Gesellschaft hat darauf reagiert und hat gesagt,
00:19:43: ja, ja, ja,
00:19:43: das muss ja so sein.
00:19:45: Und was mich eigentlich am meisten fasziniert hat, ist, dass dieser Harry Dommeler eigentlich aus einer Not heraus so operiert.
00:19:55: Und wie eben die Gesellschaft drumherum, wie die damit umgeht.
00:20:00: Genau.
00:20:00: Und das war so ein ganz alter Gedanke, der mich aber auch dazu geleitet hat, das Stück zu machen.
00:20:08: Und du hast ja auch in dem Stück, du hast ja eben schon erzählt, dass Wenzel Schneider, der Hauptdarsteller, auch aus Eisenach ist, aber auch Christian Mark, dass der auch hier aus dagegen kommt und auch viele, viele andere, die du gefragt hast und die offensichtlich ja gesagt haben.
00:20:25: kommen hier aus der Ecke und das war ja auch ein Anliegen von dir, oder?
00:20:28: Ja genau, tatsächlich.
00:20:30: Das war mir ein großes Anliegen, zu versuchen, so viele Künstler, die aus Thüringen kommen oder auch teilweise hier noch arbeiten, eben zu vereinen und mit in dieses Projekt zu holen.
00:20:45: Tatsächlich unter anderem auch, weil ich aus meiner Vergangenheit weiß, wie schwer das ist, als freischaffende Künstlerin hier zu arbeiten.
00:20:53: Das muss ich leider so sagen.
00:20:55: Also speziell jetzt in Thüringen, meinst du?
00:20:58: Ja, tatsächlich.
00:20:59: Also natürlich, wir haben auch die ganzen tollen Häuser, aber da ist man ja im Festa-Engagement.
00:21:05: Aber wenn man frei ist, ist das wirklich nicht leicht.
00:21:09: Und zudem war mir auch tatsächlich wichtig, das Leute von hier, für die Leute von hier Theater machen.
00:21:17: Und dass die Kunst, die man produziert, eigentlich aus der Stadt kommt, also aus sich selber herausgeneriert.
00:21:24: Das war aber übrigens nicht so leicht, alle zu finden tatsächlich.
00:21:29: Und jetzt ist es so, dass wir so paritätisch aufgeteilt sind, also halb halb sind wir.
00:21:35: Die Hälfte des Ensembles haben Thüringer Wurzeln.
00:21:38: Und die andere Hälfte ist von ... überall verstreut.
00:21:43: Also es reicht tatsächlich auch bis Palästina, wir haben einen palästinensischen Schauspieler.
00:21:49: Und das war dann aber tatsächlich auch für mich eine schöne Wendung, dass wir nicht nur Thüringer Leute sind, sondern dass sich das gezwungenermaßen auch so ein bisschen weiterstreut und die alle so zusammen zu vereinen in dem Das kann ich vielleicht noch sagen, in dem neu gegründeten Echo- Ensemble.
00:22:08: Wir haben uns auch gleich einen Namen gegeben.
00:22:10: Ach so, okay, schön.
00:22:11: Toll, ja.
00:22:13: Genau, das war für mich total schön, das so zu erleben, wie sich das sozusagen ... wie schön das ist, wenn man die Leute von hier hat und natürlich die Leute von anderswo.
00:22:22: Weil das hat ja nichts mit dem Schauspiel zu tun.
00:22:23: Die spielen alle genauso gut.
00:22:24: Das ist völlig unabhängig, wo man herkommt.
00:22:27: Genau.
00:22:28: In das Schauspiel hast du auch noch mehr Lokalkolorit einfließen lassen, der Deus Ex Machina am Schlag.
00:22:34: So ist ja unser Oberbürgermeister Knut Kräuch.
00:22:37: Wie hat er eigentlich reagiert, als er da drin vorkam, gestern?
00:22:40: Das weiß ich nicht.
00:22:43: Ich weiß es nicht.
00:22:43: Es gab natürlich einen ordentlichen Lacher, auch vom ganzen Harrocks.
00:22:50: Nee, ich weiß jetzt, es ist mir noch nicht zum Ordentlichen gekommen.
00:22:53: Nee,
00:22:53: nee, gut, ja, schön.
00:22:55: Ja.
00:22:55: Und du hast ja auch die Bühne selbst, also sehr stark in das Stück eingebaut.
00:23:01: Also ich hab zum ersten Mal so erlebt, dass die Kulissen sich so nacheinander auch verändern.
00:23:06: Normalerweise ist ja einmal die Verwandlung komplett durch, aber in einer Szene verändern die sich der Reihe nach.
00:23:11: Oder auch, du hast ja so einen speziellen Sounddesign entwerfen lassen von zwei Musikern, Christoph Höferl und Ben Sassen.
00:23:19: Genau.
00:23:20: Und wie kam's dazu?
00:23:21: Was haben die genau gemacht?
00:23:24: Das kam dazu, dass Christoph Höferl ... ist auch übrigens goter.
00:23:29: Mhm.
00:23:32: Und wir sind uns nach Jahren wieder begegnet.
00:23:35: Und ich wusste, dass er sehr viel mit Sound arbeitet.
00:23:40: Und dann hab ich ihn gefragt, hey, Christoph, wir brauchen noch jemanden.
00:23:44: Hast du Lust?
00:23:44: Dann hat er gesagt, ja.
00:23:46: Und dann haben wir uns bei mir getroffen und wir saßen so in der Küche.
00:23:50: und haben so überlegt, was man denn so machen kann.
00:23:53: und wir sind beide eigentlich relativ schnell darauf gekommen, weil sowohl Christoph wie auch ich, wir haben beide schon als Techniker auch.
00:24:02: in und unter der Bühne gearbeitet.
00:24:04: Also, die wird ja händisch betrieben.
00:24:05: Genau.
00:24:06: Und Christoph hat es auch vor Jahren schon gemacht und hat damit verwandelt.
00:24:09: Ach, du
00:24:09: hast auch als Kulissen-Schieber hier schon gearbeitet.
00:24:12: Genau,
00:24:12: ich durfte letztes Jahr als Kulissen-Schieberin.
00:24:14: Okay.
00:24:14: Genau, dieses Jahr auch wieder, ich freu mich.
00:24:16: Aber wirklich
00:24:17: in deinem eigenen Stück, also spannend, okay?
00:24:19: Ja, ja, genau.
00:24:20: Morgen komme ich zum Einsatz, ich freu mich richtig.
00:24:22: Sehr gut, ja.
00:24:23: Genau, und dadurch sozusagen kannten wir beide das Theater sehr gut.
00:24:27: Und dann waren wir beide sehr schnell einig, wie toll es eigentlich Also auch wenn man unten ist oder wenn man an den Gassen steht, wie geil das klingt, wenn da die Seile ziehen und das Holz knart und so.
00:24:40: Und dann ging es ganz schnell, dass wir beide so waren okay.
00:24:43: Das ist eigentlich unsere Musik oder das ist unser Sound.
00:24:46: Wir wollen das unbedingt an die Bühne knüpfen und das weiter transformieren und weiter tragen.
00:24:53: und bis noch weiter in den Publikumsraum weiterziehen.
00:24:56: Und dann haben Christoph und Ben sich da so was ausgetüftelt.
00:25:01: Das greift eigentlich auch so ein bisschen das berocke Musikverständnis tatsächlich wieder auf, dass der Raum so konzipiert ist, dass die Musik in dem eigentlich wieder halt.
00:25:10: Und so ist das Theater ja wirklich auch gebaut.
00:25:11: Ja.
00:25:13: Und das haben die sozusagen ein bisschen weiter verfeinert und diesen Sound hergestellt.
00:25:18: Ja, schön.
00:25:19: Toll.
00:25:20: Ja.
00:25:20: Und ... Der Sound begleitet ja eigentlich den Akt, wenn dann die Kulisse sich hineinschiebt ins Bild.
00:25:28: Und für das Stück sind auch zwei neue Kulissen entstanden von Jürgen Weiß und mit dem hat Claudia sich unterhalten.
00:25:44: Ja, wer mit Jürgen Weiß im Eckhoff-Theater unterwegs ist, der braucht feste Schuhwerk und einen sicheren Tritt.
00:25:55: Denn da geht es durch enge Gänge, Treppe auf, Treppe ab.
00:25:58: Hinter und über, unter und neben der Bühne entlang.
00:26:02: An Seilen und Winden und hölzernen Zahnrädern vorbei.
00:26:05: Die historische Bühnentechnik wird von Menschenhand bedient.
00:26:08: Und diese Menschen krakseln rund um die Bühne herum.
00:26:12: Vor mehr als dreihundertreißig Jahren, genauso wie heute.
00:26:18: Das war übrigens das Klingelzeichen für die Kulissen, Schieber.
00:26:22: Jetzt wissen die Bescheid, jetzt müssen die Verwandlungen vollziehen.
00:26:29: Moment mal, die Verwandlung?
00:26:33: vollziehen.
00:26:34: Das ist auch eine Spezialität dieses Hauses, dass es hier eine Bühne ist mit schnell Verwandlung.
00:26:42: Das heißt, wir haben in der Unterbühne drei Wellbäume, die dafür verantwortlich sind, dass das hier so ratzfatt.
00:26:47: innerhalb von vier, fünf, sieben Sekunden ist ein komplettes Bild verwendet.
00:26:52: Einfaches Prinzip, muss man sich so vorstellen, das ist also ein Wellbaum, vierkant Holz, da drauf sitzen, drummeln.
00:27:00: jeweils in den Abständen, so wie die Kulissen sind.
00:27:03: Und da es entgegengesetzt eingesetzt wird, zieht das eine Bild raus und gleichzeitig das andere Bild wieder rein.
00:27:10: Und das Prinzip dieser Schnellverwandlung zieht sich durchs gesamte Haus.
00:27:13: Wir haben das in der Oberbühne auch noch mal.
00:27:16: Weiß nicht, wenn wir uns jetzt ein paar Schritte zuteidigen.
00:27:19: Hier oben über den Balken sehen Sie diese Welle, diesen Wellbaum.
00:27:23: Und da ist eine Trommel drauf und da ist das gleiche Prinzip.
00:27:27: Dass dieser Fitten, was ja die Bühnenraum nach oben abschließt, dann auch in dieser gleichen Art und Weise verwandelt.
00:27:34: Also seine Bilder dort reingezogen, das andere geht raus.
00:27:38: Und alles nur über Muskelkraft.
00:27:40: Das ist schon ganz einfach und ganz genial.
00:27:43: Es ist früher Abend und noch eine gute Stunde bis zur Vorstellung.
00:27:46: Alles macht sich bereit und probt noch einmal die letzten Töne.
00:27:49: Jürgen weiß allerdings, kann sich zurücklehnen, denn seine Arbeit ist längst getan.
00:27:55: Er ist gelernter Porzellanmaler und er hat in den letzten zwei Jahrzehnten unzählige Kulissenbilder für das Eckhoff-Theater gefertigt.
00:28:03: Eine Kerkerzelle, eine Pariser Straßenszene, einen Park und sogar den biblischen Sündenfall.
00:28:10: Guck mal ganz kurz hin.
00:28:12: Unterlassen die Antalerie?
00:28:14: Denn in die vier mal sechs Meter große Leinwand, die beim Tachtüft die Bühne nach hinten abschließt, in die hat Jürgen Weiß einen kleinen Scherz eingebaut.
00:28:25: Kleine Sekunde, erlässt ihn jetzt runter.
00:28:28: Da sehen Sie dann auch gleich mal, wie es dann in der Verwandlung auch passiert.
00:28:33: Vorsicht mal, jetzt kommt der Prospekt runter.
00:29:02: Da ist es.
00:29:03: Genau.
00:29:04: Sein eigenes Bild.
00:29:06: In die sogenannte Ahnengalerie, eine Wand voller alterwürdiger Porträt, hat er einen Selbstporträt mit hineingeschmuggelt.
00:29:13: Einen älteren Herren mit weißem Bart und seinem Markenzeichen der Strickmütze mit dem gerollten Rand.
00:29:19: Das ist so eine kleine Macke.
00:29:21: Und jetzt haben meine Vorfahren, die im Theaterbildenbilder gemacht haben, auch immer so was, ein Signee oder ein kleines Bildchen.
00:29:30: Den Karikatur mit reingebracht, dass das dann eben ... Und so hab ich sie eben fort, die Tradition eben fortgeführt.
00:29:39: Die großen Meister verewingen sich irgendwo im Bild, oder Rembrandt ist ja auch in der Nachtwache irgendwo zu sehen.
00:29:46: Also, das, denke ich, das gehört auch dazu, ein bisschen Gag.
00:29:51: Das sind so Kleinigkeiten, die man dann so ein bisschen rumspielen kann.
00:29:54: Das macht auch den Zauber aus.
00:29:58: Ja.
00:29:58: Ja.
00:29:58: Und auch die anderen Porträts, die hier einen großbürgerlichen Salon imitieren sollen, die kommen einem doch irgendwie bekannt vor.
00:30:06: Ja, das war der Wunsch, der Regif, in dem Falle.
00:30:12: Das war dann hier aus der Sammlung einige Bilder wiederfinden, weil der Besucher auch mal durchs Haus geht und auch unten in Herzabdrichen Museum in der Gemälde sammeln, das ein oder andere Bild eben wieder erkennt.
00:30:23: Und auch jetzt ist es ja hier auch noch wieder im Theater zu sehen, das war also dieser kleine Gag.
00:30:29: Und die Sarah Wolters hat dann eben mit Naomi zusammen die Idee entwickelt, was zu sehen sein soll.
00:30:37: Und haben auch die Vorschläge gebracht und auch aus der Gemeldesammlung die Bilder rausgesucht und mir dann den Fotokopie gegeben und ich habe sie dann kopiert.
00:30:46: Und herausgekommen sind ganz reizende Fälschungen der wichtigsten Werke des Friedensteins.
00:30:52: Denn die Kulissenmalerei, das ist eine Kunst für sich, eine Kunst der Täuschung.
00:30:57: Wichtig ist, dass der Bühnenmalerei hier eine Zentralperspektive hat.
00:31:01: Das war ja früher für den Herzog schon so.
00:31:03: Das sieht man jetzt hier nicht so.
00:31:04: Aber wenn man sich in die vierten Lusche hinsetzt und dann auf die Bühne guckt, kriegt man eine unwahrscheinliche Tiefe.
00:31:12: Da haben Sie jetzt den Eindruck, wie klein das eigentlich ist, aber wenn man dann da oben steht.
00:31:16: und sitzt und denkt, hopp, geht noch, zwanzig Meter weiter.
00:31:21: Und damit alles auch historisch richtig und so authentisch wie möglich ist, haben Jürgen Weiß, der Restaurator Gunter Rote und die Historikerin Elisabeth Dobritsch umfangreiche Recherchen angestellt.
00:31:33: Und da sind wir im Vorfeld sämtliche historischen Theater, die wir hier im europäischen Raum haben, abgegrasst.
00:31:40: Da waren wir in Böhm unten, in Ceske Krummler.
00:31:44: in Litomischel, in Polen und Italien.
00:31:49: Nach Frankreich haben wir es nicht geschafft, nach der Seite zu kommen.
00:31:53: Aber wir hatten das große Glück in Trotningholm.
00:31:58: Da gab es so ein Symposium mit historischen Theater, wo wir dann so im Erfahrungsaustausch getreten sind.
00:32:05: Und dort hatten wir das große Glück, mal eine Inszenierung zu sehen.
00:32:10: In dem historischen Theater, die haben auch so eine alte Maschine, allerdings ein bisschen größer und ein bisschen jünger noch als unsere hier.
00:32:19: Und vor diesem Erfahrungshorizont haben Jürgen Weiß und seine KollegInnen vor mehr als zwanzig Jahren die Bühnenmaschinerie wieder in Schwung gebracht.
00:32:28: Und seitdem erwacht das alte Theater in jedem Sommer wieder zu neuem Leben.
00:32:33: Bist du noch oben?
00:32:35: Hallo.
00:32:37: Sternchen.
00:32:48: Ja, jetzt sind wir auf der Bühne in den Kulissen.
00:32:51: Ich würde gerne noch mal mit dir drüber sprechen, wie du das jetzt inszeniert hast.
00:32:54: Also du hast ja auch thematisch so Themen hervorgehoben, die vielleicht beim Malier selbst sich so noch gar nicht finden.
00:33:00: Also ich spiele jetzt auf die Frauen an.
00:33:05: Kannst du dazu mal?
00:33:06: Ja, ja, sehr gerne.
00:33:09: Da muss ich aber auch noch ein kleines bisschen hinten anfangen oder um die Ecke zu sprechen.
00:33:15: Weil der Text von Molière so gut geschrieben ist tatsächlich.
00:33:20: Und so dicht oder stark, würde ich sagen.
00:33:25: dass dieser Text das aushält, dass man den in jede Richtung ziehen kann.
00:33:30: Und man kann nahezu in jedes Wort oder sogar mehrere Bedeutungen reinlesen, wenn man das möchte oder wenn man sich die Mühe macht.
00:33:38: Es ist sehr viel Arbeit noch tatsächlich.
00:33:41: Es ist auch keine Selbstverständlichkeit, so würde ich das sagen.
00:33:43: Das Texte, das auch aushalten.
00:33:47: Und der Text ist ja auch in einer barocken Zeit entstanden.
00:33:50: Und da war die Frau an sich, die war da ja nicht so viel wert, sage ich jetzt mal so.
00:33:57: Also da ist jetzt nicht so unbedingt feministisch gewesen damals.
00:34:02: Und ich habe in der Vorbereitung, in der Recherche habe ich mich damit auseinandergesetzt und habe eben recherchiert, wie war das eigentlich damals als Frau?
00:34:12: Und das war schon ziemlich heftig, was ich da alles recherchiert habe.
00:34:16: Also, dass man als Frau nicht unbedingt Zugang zur Bildung hatte.
00:34:21: Und eigentlich wirklich nur so Anhängsel und Objekt des Mannes, des Patriarchs war.
00:34:26: Und dann gab es ja noch das Mitressentum.
00:34:29: Also, man konnte als Mann einen anderen Mann demütigen, wenn man mit dessen Frau sozusagen die Mitresse war.
00:34:37: Also, es hatte ganz viel auch mit Status und Stand zu tun.
00:34:41: Und mit diesem Hintergrund hab ich dann noch mal den Stoff gelesen und hab aber eigentlich gemerkt oder gesehen, dass das schon auch, ich würde wirklich sagen, feministische Gedanken und Werte schon reingelegt sind.
00:34:55: Und mit so ein paar Kniffen konnten wir dann eben den Fokus eigentlich auf diese Frauen von dieser Familie Orgon legen.
00:35:06: Und da eben untersuchen, wie die eigentlich versuchen, den Patriarchen Orgon die Augen zu öffnen.
00:35:15: Und ihm zu sagen, hier, du wirst betrogen und du ziehst uns alle damit sozusagen in den Schlamassel.
00:35:21: Und er bleibt aber noch der Patriarch.
00:35:23: Also, es wird jetzt nicht eine neue Familien- und Gesellschaftform erfunden, sondern man sieht eigentlich diesen Kampf von diesen Frauen, die eben, ja, dem Mann, der seiner Position eigentlich gerade nicht mehr Gerecht wird oder sie nicht vernünftig ausfüllen kann, wie die jetzt sozusagen anfangen, dagegen zu arbeiten.
00:35:45: Man sieht dann diesen Kampf der Frauen, dass sie aus diesem ganzen Schlamassel wieder rauskommen.
00:35:51: Ja, man sieht das ganz toll.
00:35:53: Also die, weiß ich nicht, ist es die Zaufe?
00:35:55: Oder genau, die ist ja von vornherein eigentlich recht stark und geht so gegen Augein gleich, ist so unterwegs.
00:36:02: Genau.
00:36:02: Und dann aber auch die Tochter Marianne, die ist auch komisch.
00:36:07: Die verwandelt sich ja tatsächlich.
00:36:08: Die ist am Anfang so ein bisschen zurückhaltend.
00:36:10: Und irgendwann
00:36:11: wird
00:36:11: sie da mutiger.
00:36:12: Genau, richtig.
00:36:13: Und das ist so eine ... der Kniffe oder auch Inszenierungszugriffe.
00:36:19: Weil tatsächlich die Figur der Marianne ist zusammengelegt aus zwei Figuren.
00:36:25: Im Original hat Orgon ein Sohn und eine Tochter.
00:36:30: Und Marianne ist die Tochter und der Sohn ist Dami.
00:36:33: Und Dami hat genau diese ganzen starken Anteile, wo er sozusagen so rebellisch wird und kraftvoll.
00:36:41: Und die Tochter bleibt aber bei Moliya ganz klein und ganz zurückhaltend.
00:36:46: Und das ... Salopp gesagt ging mir selber so ein bisschen persönlich auf den Senkel.
00:36:51: Weil ich das so doof finde, dass es immer die ... Also, warum müssen wir diese Frauenbilder noch erzählen?
00:36:57: Warum gibt es noch die kleine, zurückhaltende Scheue?
00:37:02: Und deswegen haben wir die zusammengelegt, um genau diese Entwicklung zu erzählen.
00:37:06: Das ist auch ... da hingehen kann von der zurückhaltenden Tochter, zu der die Verantwortung übernimmt oder auch in der Rage völlig übers Ziel hinaus schießt.
00:37:16: Genau.
00:37:17: Und das ist vielleicht auch noch interessant.
00:37:19: Die Art und Weise, wie Dorin auch mit Orgon spricht, auch im Originaltext, ist auch ...
00:37:25: Das ist die Zaufe, Dorina.
00:37:26: Genau,
00:37:26: das ist die Zaufe.
00:37:28: Das ist auch sehr besonders, auch für die Zeit.
00:37:32: Dass eine Hausangestellte so mit ihrem Vorgesetzten sprechen kann, das ist nicht selbstverständlich.
00:37:38: Und deswegen find ich auch diesen Text so toll, weil ich sie denke, ah, Wahnsinn, so alt ist er ja gar nicht.
00:37:45: Fake News und alles.
00:37:46: Auf heute kann man gut übertragen.
00:37:49: Du hast doch auch an einer wichtigen Stelle.
00:37:52: Im Original ist es ja, glaube ich, der König, der eingreift.
00:37:55: Aber in deinem Stück, in deiner Inszenierung ist es ja so, ich glaube sogar, dass es dein Vater ist, der als Polizeikommissar eingreift.
00:38:02: Da hast du praktisch das auch in unsere Zeit übersetzt,
00:38:07: oder?
00:38:07: Ja.
00:38:08: Ich würde es nicht beschreiben in unsere Zeit, weil es bleibt ja trotzdem in der Historie.
00:38:12: Aber was mir extrem wichtig war, auch tatsächlich, muss ich sagen, als Aussage, es gibt nicht den einen Herrscher oder die eine Person, die uns von außen als Gesellschaft hilft und uns rettet und sagt, was man tun und lassen sollte, sondern zumindest ist das so meine Überzeugung.
00:38:33: Die Figur des Kommissars kommt aus dem Volk, also es ist ein Vertreter des Volkes, und das eigentlich sozusagen die Gesellschaft der Frauen in dem Familienkreis.
00:38:43: Die schafft es nicht, Organ und die Augen zu öffnen.
00:38:47: Und trotzdem, die kämpfen mit allen Mitteln.
00:38:50: Ja, ich
00:38:51: hab's gesehen.
00:38:52: Sehr erotisch
00:38:54: auch.
00:38:54: Genau.
00:38:57: Aber die schaffen das nicht, weil die sind in der Struktur gefangen.
00:39:00: Die sind halt noch im Hatterechaat auch.
00:39:03: Und dass dann sozusagen jemand aus der Gesamtgesellschaft kommt.
00:39:08: Jemand aus dem Volk, der sagt, so.
00:39:10: Jetzt aber Schluss.
00:39:12: Qua der Macht, die ich habe meines Amtes.
00:39:16: Das ist ja auch eine Figur, die eigentlich nur in ihrer Funktion auftritt als Kommissar.
00:39:23: Und das war mir extrem wichtig, dass das niemand, ich sag es so, doof von oben ist, sondern jemand von unten.
00:39:31: Ja, ja.
00:39:32: Genau.
00:39:32: Schön.
00:39:35: Mir drängt sich die ganze, obwohl wir jetzt eigentlich schon eigentlich am Ende sein könnten, mir drängt sich nur die ganze Zeit die Frage auf, wenn du jetzt so ein Stück hast, du liest das und wo kommen die Ideen?
00:39:44: Wie macht man das dann?
00:39:46: Ja, das ist ein Mysterium der Regie oder der Inszenierung.
00:39:54: Wie mache ich das denn?
00:39:55: Das ist auch immer mal unterschiedlich.
00:39:57: Also ich lese natürlich als erstes den Text.
00:40:02: Und ich versuche dabei tatsächlich auch zu hören.
00:40:06: Also ich lese den einmal leise und dann lese ich den auch eigentlich immer laut mit meiner Ausstatterin, die Sarah Wolters ist.
00:40:16: Er kam gerade im Beitrag.
00:40:17: Genau.
00:40:19: Und wir lesen das immer dann zusammen laut und dann höre ich immer, oder versuche, auf den Text zu hören, wie der klingt, was der für eine Rhythmik hat, was der für eine Musikalität hat.
00:40:30: und was der mir vielleicht sagen will.
00:40:33: Und dann muss man das so ein bisschen in sich klingen lassen.
00:40:37: Und dann gibt es sozusagen immer bestimmte Punkte, die mich anspringen, tatsächlich.
00:40:43: Und dann muss man das so ein bisschen abgleichen mit dem, was höre ich aus dem Text.
00:40:47: Und was glaube ich, was will ich eigentlich sagen mit dem Text?
00:40:51: Und das muss nicht immer gleich sein.
00:40:53: Es können immer unterschiedliche Sachen sein.
00:40:55: Und dann kommt eigentlich für mich tatsächlich der Part, der am meisten Spaß macht.
00:41:00: dass ich mir eine These denke, also wie zum Beispiel bei Tatthüff, wo ich dachte, okay, das ist in einer Zeit geschrieben, die absolut nicht feministisch war.
00:41:09: Was ist, wenn ich diesen Text so feministisch wie möglich versuche zu erzählen?
00:41:14: Und das muss man dann so ein bisschen prüfen, als macht sehr viel Spaß.
00:41:20: Und dann fangen so die Ideen an, die kommen tatsächlich einfach.
00:41:25: Und die kommen aber auch ... ganz viel aus dem Ensemble und den Spielern.
00:41:30: Wenn ich dann mit denen anfange zu proben, dann ... Also, das geht im Sekundentakt tatsächlich.
00:41:37: Die bieten irgendwas an und ich find's toll und bin sofort so, okay, super.
00:41:40: Dann kannst du vielleicht noch das und das machen und das und so.
00:41:43: Also, es speist sich eigentlich unentwegt aus allen möglichen ... Also, das betrifft auch Licht und Ton natürlich.
00:41:49: Also, dann geht so alles so ineinander.
00:41:53: Ja, es ist wunderschön ineinandergegangen, ist was Tolles rausgekommen.
00:41:57: Herzlichen Dank, dass du hier in den Garten gekommen bist und eine schöne Vorstellung heute Abend.
00:42:01: Gerne.
00:42:02: Danke auch.
00:42:03: Danke.
00:42:14: Der Friedenstein-Funk, das sind Susanne Finnehaar, Claudia Klein und Oliver Brot.
00:42:19: Heute hat uns die Regisseurin Naimi Friedmann ihre höchst moderne Barock-Inszenierung vorgestellt.
00:42:26: Jürgen Weiß hat uns in die knarzenden Geheimnisse des Eckhoff-Theaters eingeweiht.
00:42:31: Und unsere alte Bühne hat sich im Glanze vergangener Zeiten gesund.
00:42:36: Danke fürs Zuhören und bis zum nächsten Friedensteiner-Funkenschlag.
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